Russland zeigt sich von der Ankündigung der US-Regierung unbeeindruckt, erstmals ein am Bau von Nord Stream 2 beteiligtes Unternehmen tatsächlich zu bestrafen. Moskau und Nord Stream 2 halten an der Fertigstellung der umstrittenen Gaspipeline in der Ostsee fest. Man beabsichtige, „die kontinuierliche Arbeit an der Fertigstellung dieses Projekts fortzuführen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge.
Von der Projektgesellschaft hieß es, Nord Stream 2 und die beteiligten Unternehmen setzten sich nach wie vor für eine Fertigstellung ein. Man kommentiere mögliche Auswirkungen von Sanktionen nicht. An der Finanzierung des Projekts ist auch die österreichische OMV beteiligt.
Laut dem deutschen Wirtschaftsministerium hatte die US-Botschaft in Berlin die Berliner Regierung am Montag informiert, dass am Dienstag konkrete Strafmaßnahmen verkündet werden sollten. Demnach sollen die Strafmaßnahmen das am Pipeline-Bau beteiligte russische Verlegeschiff „Fortuna“ betreffen. Seitens der USA gab es zunächst noch keine offizielle Ankündigung.
Es wäre das erste Mal, dass ein konkretes Unternehmen auf Grundlage der US-Sanktionsgesetze gegen Nord Stream 2 bestraft wird. Bis jetzt dienten diese Gesetze vor allem als wirksame Drohkulisse, durch die der Bau der Pipeline bereits massiv verzögert wurde. So führte etwa schon die Androhung von Strafen dazu, dass die Schweizer Firma Allseas, die mit Spezialschiffen Rohre in der Ostsee verlegt hatte, die Arbeiten Ende 2019 einstellte. Das norwegische Zertifizierungsunternehmen DNV GL bestätigte am Montag den Rückzug aus dem Projekt.
Die USA laufen Sturm gegen die Gas-Pipeline, weil sie eine zu große Abhängigkeit ihrer Partner in Europa von Russland sehen. Unterstützt werden sie von osteuropäischen Staaten wie Polen und den baltischen Ländern. Kritiker werfen den USA dagegen vor, nur ihr Flüssiggas in Europa besser verkaufen zu wollen.
Oliver Hermes, Vorsitzender des Ost-Ausschusses teilte mit, die nun angekündigten US-Sanktionen während der letzten Amtstage der Trump-Administration kämen nicht überraschend. Die Sanktionen seien nichts anderes als „Bevormundung wichtiger Verbündeter durch die USA im Stil von ‚America First'“. Die EU sei erwachsen genug, ihre Energiepolitik selbst zu bestimmen. Der Vorsitzende des Bundestags-Wirtschaftsausschusses und Linken-Politiker Klaus Ernst teilte mit, er gehe davon aus, dass die Sanktionen nicht die beabsichtigte Wirkung haben werden. Er forderte Gegenmaßnahmen, etwa Strafzölle auf US-Gasimporte.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erneuerte am Dienstag ihre Kritik an der Pipeline und forderte ein „einjähriges Moratorium für alle Importprojekte für Erdgas, um energiepolitischen Bedarf und Vereinbarkeit mit Klimazielen zu überprüfen“.
Nach Angaben des russischen Energiekonzerns Gazprom als Hauptinvestor von Nord Stream 2 sind 94 Prozent der Pipeline bereits fertiggestellt. Sie besteht aus zwei Leitungssträngen mit einer Länge von jeweils rund 1.230 Kilometern und soll künftig jedes Jahr zusätzlich 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Deutschland befördern.
APA/dpa