Der US-Präsident ist zwar der mächtigste Mann der Welt, doch innenpolitisch hat seine Verfügungsgewalt enge Grenzen. Schließlich haben die 50 Staaten der USA weitreichende Autonomierechte. Weil die meisten davon republikanisch dominiert sind, setzt der neue US-Präsident Joe Biden von den Demokraten bei der Durchsetzung seiner Umweltpolitik daher auf das Grundbuch. Mehr als ein Viertel des US-Bundesgebiets steht nämlich in direktem Eigentum des Bundes.
In einem am Mittwoch unterzeichneten Präsidialerlass hat Biden den Stopp aller Öl- und Gasbohrungen auf Bundesgebiet verfügt. Der Großteil dieser Gebiete liegt im Westen des Landes, was mit der Geschichte der Ausbreitung der Vereinigten Staaten zu tun hat. Die dortigen Staaten wurden nämlich von der US-Regierung im 19. Jahrhundert direkt in Besitz genommen, zum Teil auch gekauft.
So steht das von Russland gekaufte Alaska zu 60,9 Prozent in Bundesbesitz. Der Staat am Polarkreis ist ebenso wie Idaho (61,9 Prozent Bundesterritorium), Utah (63,1 Prozent), Wyoming (46,7 Prozent), Arizona (38,6 Prozent) und Montana (29 Prozent) eine Hochburg der Republikaner, die Bidens Bemühungen zum Klimaschutz kritisch sehen.
Weniger ins Gewicht fallen dürfte Bidens Anordnung in anderen Staaten mit ausgedehntem Bundeseigentum, weil diese als demokratische Hochburgen ohnehin schon Umwelt-Vorreiter sind. Es handelt sich um Oregon (52,3 Prozent), Kalifornien (45,3 Prozent), Colorado (36,2 Prozent), New Mexico (31,7 Prozent) und das nordwestliche Washington (28,6 Prozent).
In allen anderen Staaten steht weniger Land im Bundesbesitz als im landesweiten Durchschnitt (27,1 Prozent). Dazu zählen nicht nur um die ältesten US-Staaten an der Ostküste, sondern etwa auch der zweitgrößte Staat Texas. In der Republikanerhochburg mit ihrem bedeutenden Erdölsektor kann Biden nur auf 1,9 Prozent des Territorium per Bundesanordnung durchgreifen.
Insgesamt stehen 2,6 Millionen Quadratkilometer in US-Bundesbesitz, was mehr als die 30-fache Fläche Österreichs ist. Teile davon gehören den US-Forsten (FS), der Fischerei- und Wildtierbehörde (FWS) sowie der Nationalparkbehörde (NPS). Fast die Hälfte des bundeseigenen Landes wird vom Landverwaltungsamt BLM (Bureau of Land Management) kontrolliert.
Ursprünglich war das BLM zuständig für „das Land, das niemand wollte“, das also von den Siedlern aufgrund seiner Kargheit links liegen gelassen wurde. Das hat sich geändert. Zwar müssen auch heute noch Rancher sich an die BLM wenden, wenn ihre Tiere auf bundeseigenem Weideland grasen lassen wollen. Die Hauptfunktion der in Grand Junction (Colorado) beheimateten Behörde ist aber, Lizenzen zur Förderung von Bodenschätzen sowie von Erdöl und Erdgas zu vergeben.
Das BLM untersteht in den USA dem Innenministerium. Dessen Hauptaufgabe ist – nicht wie in Österreich – die innere Sicherheit, sondern eben die Verwaltung und der Schutz von Land. Für die Sicherheit im Land ist in den Vereinigten Staaten allen voran das Heimatschutzministerium zuständig. Das Innenministerium unter Biden soll die 60-jährige Debra Anne („Deb“) Haaland leiten. Sie wurde vom Präsidenten nominiert, muss aber noch vom Senat bestätigt werden. Haaland war 2018 eine von zwei Politikerinnen, die als Erste als Frauen indigener Abstammung ins Repräsentantenhaus gewählt wurden. In der Parlamentskammer war Haaland bereits im Ausschuss für Natürliche Ressourcen vertreten.
APA