Gabriel: Nord Stream 2 geht USA nichts an

18. Feber 2021, Berlin
Sigmar Gabriel (SPD), Vorsitzender der Atlantik-Brücke e.V

Kurz vor der mit Spannung erwarteten Rede von US-Präsident Joe Biden auf der virtuellen Münchner Sicherheitskonferenz hat Ex-Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) die Kritik der USA an der deutsch-russischen Ostseepipeline Nord Stream 2 zurückgewiesen. 

„Vom Gesichtspunkt europäischer Souveränität geht es die USA erst einmal nichts an“, sagte der Vorsitzende der Atlantik-Brücke der „Welt“ (Donnerstag). „Ich finde, das ist eine europäische Entscheidung – mit allen Chancen und Risiken. Aber es ist keine amerikanische.“ Das Projekt entspreche europäischen Regeln und Gesetzen.

Die USA bekämpfen die Pipeline, die einmal jährlich 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Deutschland befördern soll, weil sie eine zu starke Abhängigkeit Europas von russischen Energielieferungen verhindern wollen. Befürworter der Gasleitung werfen den Amerikanern dagegen schon lange vor, nur ihr Flüssiggas in Europa verkaufen zu wollen. Auch wegen Russlands Umgang mit dem vor kurzem verurteilten Kremlkritiker Alexej Nawalny fordern Kritiker, Nord Stream 2 zu stoppen.

Gabriel verwies darauf, die Regierung Biden habe jüngst den Bau der Pipeline Keystone XL aus Kanada gestoppt und „setzt nun noch stärker auf klimaschädlicheres Fracking. Aber das ist eine Angelegenheit der Amerikaner, nicht der Europäer.“

Biden wird sich am Freitag bei der Konferenz erstmals seit seinem Amtsantritt am 20. Januar direkt an ein europäisches Publikum wenden. Das weltweit bedeutendste Expertentreffen zur Sicherheitspolitik sollte eigentlich zwischen 19. und 21. Februar im Hotel Bayerischer Hof in München stattfinden. Wegen der Corona-Pandemie wird daraus nun eine digitale Veranstaltung. Sie wird auch nur knapp drei Stunden dauern (16.00 bis 18.45 Uhr).

Gabriel erwartet von Bidens Rede, dass der neue Präsident bekräftigen werde, „dass die USA als echter Partner wieder zurück sind und Interesse daran haben, mit anderen zusammenzuarbeiten – insbesondere mit uns Europäern“. Biden setze, anders als sein Vorgänger Donald Trump, auf die europäischen Alliierten und die Nato, wolle sie stärken. „Vermutlich wird Joe Biden auch das komplizierte Verhältnis zu Russland und China ansprechen und dabei kritische Themen wie Nord Stream 2 nicht aussparen. Und ganz gewiss wird er uns die Hand reichen für eine ambitionierte Klimapolitik“, sagte Gabriel.

Neben Biden wird auch Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Münchner Sicherheitskonferenz teilnehmen. Hauptthema wird der Neuanfang in den transatlantischen Beziehungen nach dem Machtwechsel im Weißen Haus sein. Daneben soll es aber auch um den Klimaschutz und die Corona-Pandemie gehen.

APA/dpa