Energiewende in der Ukraine

14. Juli 2021

Quelle: Handelsblatt am 13.07.2021 (S. 12)

Industrie-Privilegien in Gefahr
Die EU will die Strompreis-Entlastung für energieintensive Unternehmen stark begrenzen. Vor allem für deutsche Firmen steigen dann die Kosten – und die Auflagen werden härter.

Viele Unternehmen leiden unter dem hohen Strompreis in Deutschland. Für einige von ihnen hat der Gesetzgeber daher Entlastungen vorgesehen, die wichtigste darunter ist die Besondere Ausgleichsregelung (BesAR) des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Doch die EU-Kommission hat sich auf die Ausgleichsregelung eingeschossen: Sie will die Entlastung drastisch einschränken. Das könnte für viele Unternehmen gravierende Folgen haben.
„Die Kommission lässt bei der Besonderen Ausgleichsregelung keinen Stein auf dem anderen“, sagte Gernot Engel, Energierechtsexperte der Kanzlei Luther, dem Handelsblatt. Auslöser sind die neuen Leitlinien der EU-Kommission für Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen. Einen Entwurf hat die EU-Kommission kürzlich vorgelegt, noch bis zum 2. August läuft ein Konsultationsverfahren. „Die Kommission greift im Vergleich zu den bisherigen Leitlinien deutlich tiefer in den für die deutsche Industrie so überlebenswichtigen Wettbewerbsmechanismus ein“, sagte Engel.

Weniger Berechtigte, geringere Summen
Über die Gewährung der Entlastung, die Jahr für Jahr neu beantragt werden muss, entscheidet das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Bei Gewährung zahlen Unternehmen eine stark reduzierte EEG-Umlage. Die Umlage beträgt ohne die BesAR-Entlastung in diesem Jahr 6,5 Cent je Kilowattstunde Strom. Antragsberechtigt sind stromkostenintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, sowie Schienenbahnen und Unternehmen, die Wasserstoff elektrochemisch herstellen.Tatsächlich können viele Unternehmen im internationalen Wettbewerb nur mit dem EEG-Ausgleich bestehen, bei manchen geht es ums Überleben. Zusammen mit anderen Entlastungen, etwa dem Spitzenausgleich bei der Stromsteuer, sorgt die BesAR für ein erträgliches Strompreisniveau.Die EU-Kommission kritisiert die Besondere Ausgleichsregelung seit Langem. In den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Streit zwischen der Bundesregierung und der Kommission über den Umfang der Entlastung gegeben. Nun versucht die Brüsseler Behörde, die Regelung über die neuen Beihilferichtlinien stark zu beschneiden.


„Gravierend sind vor allem die Änderungen für energieintensive Unternehmen“, heißt es beim Bundesverband der Energie-Abnehmer (VEA). So soll der Kreis der entlastungsberechtigten Wirtschaftszweige stark eingeschränkt werden. Zugleich sollen deutlich verschärfte Kriterien hinsichtlich der erforderlichen Handelsintensität gelten, und es soll die Beihilfehöhe eingeschränkt werden.
Verschärfungen soll es zudem für das verpflichtende zertifizierte Energiemanagementsystem geben. Energieeffizienzmaßnahmen sollen mit einem Amortisationszeitraum von bis zu drei Jahren verpflichtend umgesetzt werden müssen. Hinzu kommen verpflichtende Umweltschutzauflagen, etwa die, mindestens 30 Prozent des Stromverbrauchs aus CO2 – freien Energiequellen zu decken oder mindestens 50 Prozent der Entlastungssumme zur Reduzierung anlagenspezifischer Treibhausgasemissionen zu nutzen.


Die vorgesehenen Änderungen sowie die drastische Verringerung der antragsberechtigten Wirtschaftszweige und der dazugehörigen Anerkennungsvoraussetzungen führten „zu einem Erdbeben bei den über 2000 umlagebegrenzten Unternehmen“, warnte Engel. „Hunderte Firmen drohen zukünftig an den Hürden für einen Begrenzungsbescheid zu scheitern“, sagte Engel.


Grundsätzlich halten die meisten Parteien in Deutschland das System der Abgaben und Umlagen, mit denen der Strompreis belastet wird, für überholungsbedürftig. So ist es beispielsweise das Ziel der amtierenden Großen Koalition, die EEG-Umlage innerhalb der nächsten Jahre ganz abzuschaffen. Damit wäre auch die Entlastung durch die BesAR nicht mehr erforderlich.


Wie jedoch die Abschaffung der EEG-Umlage, die sich Jahr für Jahr auf Beträge von 30 Milliarden Euro summiert, finanziert werden soll, ist unklar. Die Einnahmen aus der CO2 – Bepreisung in den Sektoren Verkehr und Wärme reichen jedenfalls bei Weitem nicht aus, um die Lücke zu schließen. Die Grünen wollen die EEG-Umlage zumindest für Neuanlagen auslaufen lassen.

Handelsblatt