Scholz sieht aktuell keine Möglichkeit für Energie-Boykott

10. März 2022, Berlin/Kiew/Moskau
Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz - Berlin, APA/POOL AFP

Die deutsche Bundesregierung sieht keine Möglichkeit für einen sofortigen Boykott russischer Energielieferungen nach dem Vorbild der USA. Die USA seien Exporteur von Gas und Öl, was man für Europa insgesamt nicht sagen könne, betonte Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch in Berlin in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kanadas Premierminister Justin Trudeau. „Und deshalb sind die Dinge, die getan werden können, auch unterschiedlich.“

Sollten die wirtschaftlichen Beziehungen in diesem Bereich nicht mehr so wie in den vergangenen Jahrzehnten funktionieren, werde Deutschland kurzfristig Herausforderungen bekommen, die bewältigt werden müssten, sagte Scholz. Schon im Dezember habe er mit den Beteiligten darüber diskutiert, dass man sich auf die Situation vorbereiten müsse, „dass es kompliziert werden wird“. Man habe bereits mit den Arbeiten begonnen.

Die USA haben als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine am Dienstag ein Importverbot für Öl aus Russland erlassen. Großbritannien will seine Ölimporte aus Russland zuerst bis Jahresende senken und dann kein Öl mehr von dort importieren.

Die Unionsfraktion im Bundestag forderte die Bundesregierung auf, den Bezug von Gas über die Pipeline Nord Stream 1 zu stoppen. Dies würde „eine neue Qualität in den Sanktionen bedeuten“, sagte Fraktionschef Friedrich Merz in Berlin. Angesichts der „massiven Kriegsverbrechen“ Russlands in der Ukraine sei eine solche Eskalation notwendig.

„Das ist eine Einschränkung der Gasversorgung der Bundesrepublik Deutschland“, räumte Merz ein. „Wir sind der Meinung, dass wir das akzeptieren müssten angesichts der Lage, die dort entstanden ist.“ Es gebe noch mindestens drei weitere Pipeline-Systeme aus Russland, um die Gasversorgung Deutschlands sicherzustellen.

Ein breites Bündnis aus Experten und Aktivisten verlangte das Ende von Gas-, Öl- und Kohlelieferungen aus Russland in die Europäische Union. „Wir alle finanzieren diesen Krieg“, heißt es in einem offenen Brief von Umweltaktivisten, Wissenschaftern, Schauspielerinnen sowie Politik- und Wirtschaftsexperten an die Bundesregierung.

Neben einem Importstopp für russische Energie durch Deutschland steht auch die Möglichkeit im Raum, dass Russland als Reaktion auf die verhängten Sanktionen den Export von Gas, Öl und Kohle stoppt. „Nichts ist ausgeschlossen“, sagte dazu der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstagabend in einem „ARD“-Brennpunkt. Er halte ein Energie-Embargo von russischer Seite zwar für nicht vernünftig und deshalb auch nicht für realistisch. Im Kreml regiere aber „offensichtlich nicht mehr die Vernunft“. Dort würden vielmehr von „Emotionen geleitete Entscheidungen getroffen“.

Der russische Energieriese Gazprom erklärte am Mittwoch, dass er weiter in hohem Umfang Gas für den Transit durch die Ukraine liefere. Die tägliche Liefermenge betrage am Mittwoch weiter wie vertraglich vereinbart 109,5 Millionen Kubikmeter, sagte Gazprom-Sprecher Sergej Kuprijanow der Agentur Interfax zufolge. Die Nachfrage der Kunden in Europa sei deutlich gestiegen.

APA/dpa

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