Der Innsbrucker Forscher Georg Kaser sieht im neuen Klimabericht einen dringenden Appell, mehr Geld in einen Systemwechsel zu stecken.
Sie haben an mehreren Klimaberichten mitgearbeitet. Im nun sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarates gibt es positive Signale, dass man die Katastrophe noch abwenden kann. Teilen Sie diese Auffassung?
Georg Kaser: Ganz so hätte ich das nicht interpretiert. Vor allem wurde die ganz große Dringlichkeit kommuniziert, dass man die richtigen Dinge angehen muss und die Gelder in die richtige Richtung fließen müssen. Was schon auch gesagt wurde: Es geht noch, wir haben es noch selbst in der Hand. Der erste Teil des Sachstandsberichts im vergangenen August zeigte, dass noch ein kleines physikalisches Fenster offen ist, um die 1,5-Grad-Celsius-Erwärmung zu halten. Der zweite zeigt unter anderem, welche irreversiblen Schäden bereits entstanden sind. Jetzt beim dritten geht es darum, wie wir bis 2030 eine Emissionsreduktion um 43 Prozent erreichen können, damit das 1,5-Grad-Ziel noch erreichbar bleibt. Bis 2030 haben wir keine acht Jahre mehr und nachher muss es schnell in Richtung null gehen.
Welchen Beitrag muss Österreich leisten?
Kaser: Österreich wäre gut aufgestellt, viele Maßnahmen selbst in die Hand zu nehmen. Aber es hat die gleichen Probleme wie viele westliche demokratische Staaten, dass die Entscheidungs-und Umsetzungwege voller Hürden und Komplikationen und deshalb viel zu langsam sind. Und es ist schon so, dass die reichen Länder die Hauptverursacher der Emissionen sind, deshalb müssten sie sich mehr als die 43 Prozent aufschultern, eher 60 bis 70 Prozent.
Kann sich das noch ausgehen bis 2030?
Der Innsbrucker Forscher Georg Kaser sieht im neuen Klimabericht einen dringenden Appell, mehr Geld in einen Systemwechsel zu stecken.
Sie haben an mehreren Klimaberichten mitgearbeitet. Im nun sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarates gibt es positive Signale, dass man die Katastrophe noch abwenden kann. Teilen Sie diese Auffassung?
Georg Kaser: Ganz so hätte ich das nicht interpretiert. Vor allem wurde die ganz große Dringlichkeit kommuniziert, dass man die richtigen Dinge angehen muss und die Gelder in die richtige Richtung fließen müssen. Was schon auch gesagt wurde: Es geht noch, wir haben es noch selbst in der Hand. Der erste Teil des Sachstandsberichts im vergangenen August zeigte, dass noch ein kleines physikalisches Fenster offen ist, um die 1,5-Grad-Celsius-Erwärmung zu halten. Der zweite zeigt unter anderem, welche irreversiblen Schäden bereits entstanden sind. Jetzt beim dritten geht es darum, wie wir bis 2030 eine Emissionsreduktion um 43 Prozent erreichen können, damit das 1,5-Grad-Ziel noch erreichbar bleibt. Bis 2030 haben wir keine acht Jahre mehr und nachher muss es schnell in Richtung null gehen.
Welchen Beitrag muss Österreich leisten?
Kaser: Österreich wäre gut aufgestellt, viele Maßnahmen selbst in die Hand zu nehmen. Aber es hat die gleichen Probleme wie viele westliche demokratische Staaten, dass die Entscheidungs-und Umsetzungwege voller Hürden und Komplikationen und deshalb viel zu langsam sind. Und es ist schon so, dass die reichen Länder die Hauptverursacher der Emissionen sind, deshalb müssten sie sich mehr als die 43 Prozent aufschultern, eher 60 bis 70 Prozent.
Kann sich das noch ausgehen bis 2030?
Kaser: Die technologischen und finanziellen Möglichkeiten für einen Systemwandel, den es braucht, wären da. Die erneuerbaren Energien werden nicht so bald im benötigten Umfang bereitstehen. Der Energiekonsum muss daher stark nach unten gefahren werden. Das geht nur, wenn sich die Wirtschaft anpasst, die ganze Gesellschaft. Diese Einschnitte, das muss man den Menschen klar kommunizieren, zahlen sich aus und können auch das Wohlbefinden steigern.
Kaser: Die technologischen und finanziellen Möglichkeiten für einen Systemwandel, den es braucht, wären da. Die erneuerbaren Energien werden nicht so bald im benötigten Umfang bereitstehen. Der Energiekonsum muss daher stark nach unten gefahren werden. Das geht nur, wenn sich die Wirtschaft anpasst, die ganze Gesellschaft. Diese Einschnitte, das muss man den Menschen klar kommunizieren, zahlen sich aus und können auch das Wohlbefinden steigern.
Bei den Möglichkeiten, die Treibhausgas-Emissionen zu senken, sieht der Weltklimarat in Solarenergie und Windkraft das größte Potenzial, Wasserkraft spielt eine untergeordnete Rolle. Warum?
Kaser: In den Alpenländern ist der Ausbau der Wasserkraft schon relativ gesättigt. Natürlich kann man noch ein paar Bäche verbauen – wenn es die Akzeptanz dafür gibt. Global gesehen ist die Wasserkraft jene Komponente, bei der das größte Konfliktpotenzial besteht, wenn es um genügend und sauberes Wasser geht. Dann muss man noch den so genannten Rebound-Effekt beachten, denn von den großen Stauseen der tropischen Flüsse werden Unmengen an Methangas exhaliert. Dieses Methangas ist auch nicht das, was wir in der Atmosphäre haben wollen. Es wird mehr Geld und Bereitschaft für den Ausbau von Solar-und Windkraft benötigen.
Der Klimabericht zeigt, dass es inzwischen technologische Möglichkeiten gibt, das CO 2 einzufangen und im Boden einzulagern. Kaser: Die Entnahme von so großen Mengen CO 2, wie man es brauchen würde, um unsere Emissionen zu kompensieren, das ist und wird auf ewig eine Illusion bleiben. Viele dieser technischen Möglichkeiten brauchen wieder Energie und Landoberflächen. Für kleine Restmengen, die man nicht wegbekommt, wird man solche Verfahren neben biologischen nutzen müssen.
Bei welchem Hebel würden Sie ansetzen?
Kaser: Jedes Land, jede Region wird sich die eigenen Emissionsverursacher anschauen und dann alle Hebel in Bewegung setzen müssen, um die Emissionsziele schnell zu erreichen. Und 30 bis 50 Prozent der Erdoberfläche müsste man zurückverwildern lassen. Bei den Ozeanoberflächen darf man nicht mehr eingreifen, sie nicht noch mehr vermüllen und nichts entnehmen.
Zurück zur Eingangsfrage: Kann man die Katastrophe noch abwenden? Haben Sie Hoffnung, dass wir das 1,5-Grad-Ziel erreichen?
Kaser: Wenn ich wie vor einigen Wochen lese, dass die europäischen Banken 55 Milliarden Euro in die neue Gewinnung von fossilen Brennstoffen stecken, denke ich mir schon, das kann doch nicht wahr sein. Wie aber der Bericht zeigt, wäre das Potenzial für das 1,5-Grad-Ziel da, physikalisch ist es möglich, es geht nur um die politische Umsetzung und die gesellschaftliche Akzeptanz, um das, was in unseren Köpfen vorgeht. Es braucht einen schnellen und massiven strukturellen Wandel. Wir haben es gerade noch in der Hand.
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Tiroler Tageszeitung