Deutscher Tankstellenverband kritisiert Mineralölkonzerne

10. Juni 2022, Stuttgart
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Der deutsche Tankstellen-Interessenverband (TIV) hat den Mineralölkonzernen vorgeworfen, die aktuelle Situation auszunutzen, um die Gewinne hochzutreiben. „Die Mineralölgesellschaften machen Kasse angesichts eines Klimas im Markt, das einen relativ hohen Benzinpreis ermöglicht“, sagte ein Sprecher des Verbands der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ am Freitag. Der Mineralölverband Fuels und Energie wies die Kritik zurück.

Der von der deutschen Regierung beschlossene Tankrabatt von 35 Cent bei Benzin und 17 Cent bei Diesel sei über Preisanhebungen weitgehend schon im Vorfeld „kapitalisiert“ worden, führte der TIV-Sprecher aus. Und jetzt werde weiter erhöht: Bald werde der Durchschnittspreis für den Liter Super wieder über zwei Euro liegen „und im August werden wir bei 2,10 oder 2,20 Euro landen“. Mit Ende des Tankrabatts in drei Monaten folge dann „das böse Erwachen“, sagte der TIV-Sprecher weiter. „Dann stehen wir nach unserer Einschätzung mit Preisen zwischen 2,30 und 2,60 Euro da.“ Der TIV vertritt deutschlandweit ungefähr 1.000 Tankstellenpächter.

Der Sprecher von Fuels und Energie, Alexander von Gersdorff, sagte dagegen dem Bayerischen Rundfunk, der Tankrabatt werde „voll an die Tankkunden weitergegeben“. „Das können wir versichern“, hob er hervor. Ausdrücklich begrüßte Gersdorff die diesbezüglichen Überprüfungen durch das Bundeskartellamt. Die Mineralölwirtschaft sei „froh, wenn das Kartellamt genauer hinschaut, denn es ist ein unangenehmer Zustand, wenn man immerzu am Pranger steht für vermeintlich zu hohe Preise, während in Wahrheit der Tankrabatt weitergegeben wird“. Die aktuell hohen Preise kämen vor allem durch höhere Produktkosten für Benzin und Diesel auf dem Weltmarkt zustande, sagte der Verbandssprecher weiter. Gersdorff nannte es „ärgerlich“ und „frustrierend“, dass deswegen die Preise seit dem Inkrafttreten des Rabatts zum 1. Juni gleichwohl wieder gestiegen seien.

Skeptisch äußerte er sich zu den Überlegungen für eine Übergewinnsteuer, um Krisengewinne der Mineralölwirtschaft abzuschöpfen. „Dazu müsste erst einmal ein sogenannter Übergewinn vorliegen“, sagte Gersdorff. Die Milliardengewinne fielen jedoch eher im internationalen Ölfördergeschäft an, nicht im inländischen Tank- und Raffineriegeschäft.

Das deutsche Bundeskartellamt sieht bei der Preisbildung offene Fragen: Nach Inkrafttreten des Tankrabatts sei der Preis für Benzin zunächst durchschnittlich um 27 Cent und für Diesel um 11 Cent pro Liter gefallen. Seither seien die Preise allerdings jeweils wieder um 6 bis 8 Cent angestiegen. Der Durchschnittspreis für E5-Benzin wurde für Donnerstag mit 2,00 Euro angegeben, für E10-Benzin mit 1,94 Euro und für Diesel mit 2,01 Euro. Verzögerungen bei der Weitergabe des Rabatts habe es vor allem im Süden Deutschlands gegeben. „Wir tun unser Möglichstes, um aufzuklären und Transparenz in die Preissetzung der Mineralölkonzerne zu bringen“, erklärte Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Weder das Bundeskartellamt noch eine andere Behörde in Deutschland könnten aber „Preise auf Knopfdruck senken“. Hinweisen auf mögliches illegales Verhalten werde jedoch konsequent nachgegangen.

Generell sei seit dem russischen Überfall auf die Ukraine der Abstand zwischen dem Rohölpreis und den Raffinerie- und Tankstellenpreisen gewachsen. Zuvor habe dieser Abstand nie mehr als 40 Cent betragen, seither seien es zunächst 40 bis 50 Cent und seit dem 27. Mai sogar rund 60 Cent. „Das wirft natürlich Fragen auf“, erklärte Mundt. Vor allem mit der Raffinerieebene werde sich seine Behörde daher genauer befassen, was allerdings einige Zeit in Anspruch nehmen werde.

APA/AFP

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