Gazprom werden Nutzungsrechte entzogen

7. Juli 2022
Das Gas wird knapp - Stuttgart, APA/dpa

Die russische Gazprom nutzt ihren Gasspeicher im salzburgerischen Haidach nicht – offenbar aus Kalkül. Nun sollen die Kapazitäten andere Betreiber nutzen können.

Der russische Gasriese Gazprom hat bis 1. Juli Zeit, seinen Speicher in Haidach zumindest zu zehn Prozent zu füllen. Am Mittwoch war der Speicherstand des Speicherunternehmens GSA, einer Gazprom-Tocher, bei null – wie schon seit Monaten. Das erlaubt der Regulierungsbehörde E-Control nun, die Speicherkapazitäten neu zu vergeben. Das Gaswirtschaftsgesetz wurde aus genau diesem Grund geändert – nach dem „Use it or lose it“-Prinzip kommt also schon bald ein anderes Unternehmen zum Zug.

„Wenn ein Speicherunternehmen seine Pflichten verletzt, werden ihm die Kapazitätsrechte entzogen. Der Betreiber, das ist in diesem Fall die RAG AG, bekommt die Speicherkapazitäten und kann sie anderen Speicherunternehmen zur Verfügung stellen und vermarkten“, sagt Carola Millgramm, Leiterin des Bereichs Gas bei der E-Control, zu den weiteren Schritten. „Es ist keine Enteignung, sondern ein Entzug der Kapazitätsrechte auf eine bestimmte Zeit“, betont die Expertin. Beim Speicher der GSA habe man gesehen, dass die Kapazitäten strategisch nicht genutzt werden.

Der nötige Feststellungsbescheid werde demnächst vorliegen, hieß es aus dem Energieministerium von Leonore Gewessler (Grüne). Sollte die GSA den Speicher wieder vermarkten wollen, kann sie das erst nach einer Frist tun, die im Gesetz festgelegt ist.

Als neue Nutzer kommen eine Reihe von Unternehmen in Frage: etwa Astora, RAG Energy Storage, die OMV Gas Storage oder Uniper Energy Storage. Sie alle sind in Österreich im Speichergeschäft tätig. Laut des europäischen Branchenverbandes GIE hatte die OMV zuletzt ihre Speicher in Tallersbrunn und Schönkirchen zu knapp 70 gefüllt, die Astora, eine Tochter der Gazprom Germania, die unter deutscher staatlicher Verwaltung steht, in Haidach knapp zur Hälfte.

Deutschland als Partner

Haidach, einer der größten Speicher Europas, spielt in der grenzüberschreitenden Gasversorgung eine wichtige Rolle: Derzeit ist Haidach nur an das deutsche Gasnetz angeschlossen. Zu einem Drittel befüllt es Astora, zu zwei Dritteln ist er wegen der GSA leer. Die Regierung hatte im Mai angekündigt, dass künftig alle Gasspeicher an das österreichische Netz angeschlossen werden. Dementsprechend müsste die Betreiberin, die RAG AG (Renewables and Gas) in Haidach umrüsten. Kostenfaktor wäre zehn Millionen Euro, hieß es damals auf Anfrage der „Wiener Zeitung“. Einen Auftrag dazu erhielt sie allerdings noch nicht, lautet die Antwort aktuell.

Ebenfalls noch nicht geklärt ist, wie sich Österreich und Deutschland beim Befüllen der Speicher Haidach und 7Fields, beide von RAG AG, koordinieren werden. Die EU-Energieminister hatten sich diese Woche in Brüssel darauf geeinigt, die Gasspeicher bis November 2022 zu 80 Prozent zu füllen. In einem Annex wurde festgehalten, dass sich Österreich und Deutschland gemeinsam um das Befüllen der beiden Speicher bemühen müssen. Die Aufteilung ist laut Carola Millgramm noch Gegenstand von Verhandlungen zwischen der Bundesnetzagentur und der E-Control. „Uns ist es wichtig, eine gute Lösung zu finden, die Versorgungssicherheit bedeutet“, so Millgramm.

Gaspreis steigt

Laut des täglichen Lageberichts des Austria Gas Grid Management ist die heimische Versorgung von Endkunden trotz reduzierter Gasflüsse aus Russland „uneingeschränkt gewährleistet“. Der Gaspreis steigt ebenfalls uneingeschränkt und lag am Mittwoch bei 133 Euro pro Megawattstunde (MWh). „Im Falle einer bisher normalen Gasversorgung – also Gasfluss aus Russland – ist Österreich gut positioniert. Das Problem ist, wenn die russische Versorgung ausbleibt, dann haben wir keine Versorgung mit LNG (Flüssiggas)“, sagt der Energieexperte Alfred Schuch. Spanien und Portugal hätten genügend Regasification-Anlagen, in denen Flüssiggas umgewandelt werden könne, doch es kann derzeit nicht Deutschland oder Österreich transportiert werden, da die Pipeline-Transportkapazitäten von Spanien nach Frankreich nicht ausreichen. Es wäre wichtig, wenn Europa koordiniert vorginge, um die Versorgung aller Mitgliedsländer sicherzustellen, so Schuch.

von Marijana Miljković

Wiener Zeitung

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