E.ON erwartet weiter steigende Energiepreise

10. August 2022, Essen
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Deutschlands größter Energieversorger E.ON rechnet mit weiter steigenden Strom- und Gaspreisen für Endkunden. Preisdruck herrsche in allen Märkten, sagte Finanzvorstand Marc Spieker am Mittwoch in Essen. „Das einzige, was sich unterscheidet, ist, wie schnell werden diese Preissteigerungen dann umgesetzt.“ Dass sie am Ende dann kommen müssten, stehe außer Frage.

E.ON hatte im März angekündigt, die Preise anzuheben und dies mit stark gestiegenen Großhandelspreisen für Energie begründet. E.ON-Vorstandschef Leonhard Birnbaum nannte als Beispiel für einen Preisanstieg bei Erdgas für Nordrhein-Westfalen eine durchschnittliche Anhebung um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wann es eine nächste Erhöhung gebe, sei Spekulation. Dies hänge etwa von der Preisentwicklung im Großhandel und der Nachfrage ab. Der Manager betonte, dass man einen deutlichen Anstieg der Strompreise im Großhandel gesehen habe. „Wenn dieser Anstieg dauerhaft bleiben würde, dann müssten wir natürlich auch auf der Stromseite noch weitere deutliche Anpassungen erwarten im nächsten Jahr.“

E.ON schließt angesichts des politischen Drucks durch die Gaskrise eine Laufzeitverlängerung seines Atomkraftwerks Isar 2 nicht aus. „Sollte die Bundesregierung im Rahmen des laufenden Stresstests zu einer Neubewertung der Lage kommen, sind wir zu Gesprächen bereit“, sagte Spieker bei der Vorlage der Ergebnis-Zahlen. Eine Entscheidung müsse möglichst bald fallen, betonte Vorstandschef Birnbaum. Bisher ist vorgesehen, dass in Deutschland die drei letzten Meiler, darunter Isar 2, Ende des Jahres stillgelegt werden.

In den vergangenen Wochen sind die Rufe nach einer Laufzeitverlängerung immer lauter geworden. Befürworter verweisen auf die gekürzten Gaslieferungen Russlands und fordern, mit den Kernkraftwerken den Einsatz von Gaskraftwerken zu reduzieren. Birnbaum erklärte, dass der Konzern die Ergebnisse des Stresstests in den kommenden Wochen erwarte. Technisch sei ein Weiterbetrieb Isar 2 auch ohne neue Brennstäbe ein paar Monate möglich. Für einen Weiterbetrieb des E.ON-Meilers in Bayern macht sich unter anderem der bayerische Ministerpräsident Markus Söder stark.

Die deutschen AKW-Betreiber – neben E.ON auch RWE und EnBW – hatten das Thema schon zu den Akten gelegt, ehe es durch die Gaskrise wieder in Schwung kam. „Wir haben keine Planung für einen Weiterbetrieb in welcher Art auch immer. Wir kennen auch die Rahmenbedingungen eines solchen Weiterbetriebs nicht“, betonte Birnbaum. „Wir haben dazu keine Zahlen. Wir haben auch keine Rechnungen gemacht.“

Im ersten Halbjahr trug das Kernkraftwerksgeschäft in Deutschland mit 390 Millionen Euro zum Ergebnis des Konzerns bei. Insgesamt schrumpfte das operative Ergebnis wegen der gestiegenen Beschaffungspreise für Strom und Gas um 15 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro. Trotz steigender Risiken in der Gaskrise hält E.ON an seiner Prognose fest. Für 2022 werde weiterhin ein Rückgang des operativen Ergebnisses (bereinigtes Ebitda) auf 7,6 bis 7,8 Milliarden Euro von 7,9 Mrd. Euro im Vorjahr erwartet. Im ersten Halbjahr verlief das Netzgeschäft mit einem operativen Ergebnis von 2,7 Mrd. Euro in etwa stabil. Die Sparte Kundenlösungen mit dem Vertriebsgeschäft für Strom und Gas musste Einbußen hinnehmen.

Auf seine Beteiligung an der Gaspipeline Nord Stream 1 schrieb E.ON wegen der Unsicherheit rund um das Verhalten Russlands und seines Staatskonzerns Gazprom mehr als die Hälfte des Wertes ab. E.ON ist mit 15,5 Prozent an der Gaspipeline beteiligt, die wegen der reduzierten Liefermengen von Russland nach Deutschland seit Monaten für Schlagzeilen sorgt. Den Wert der Beteiligung schrieb der Versorger nun um rund 700 Millionen Euro ab. Zuletzt hatte E.ON den Wert auf 1,2 Milliarden Euro beziffert. Als Grund für die Senkung verwies E.ON auf die „gestiegenen Unsicherheiten“.

Russland und Gazprom haben die Gaslieferungen nach Westeuropa über die Pipeline eingeschränkt und das mit dem Fehlen einer Turbine begründet, die derzeit beim Hersteller Siemens Energy in Mülheim an der Ruhr auf den Weitertransport nach Russland wartet. Die deutsche Bundesregierung hält die Begründung für vorgeschoben.

APA/dpa-AFX

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