Hektarweise Sonnenstrom auf Feld und Wiese?

12. August 2022, Linz

Studie: Mit 200 Photovoltaik-Großanlagen könnte Oberösterreich ein Sechstel seines Strombedarfs decken

Die stark gestiegenen Stromkosten zeigen die Dringlichkeit, Auswege aus der Energiekrise zu finden. Einer könnte die so genannte Agri-PV sein: Sonnenstromproduktion auf agrarischen Flächen, bei denen 80 Prozent des Feldes oder der Wiese landwirtschaftllich genutzt werden. Maximal fünf Prozent dürfen für Infrastruktur wie z.B.: Montagesystem oder Trafostellplätze verwendet werden. Vielen ist das Bild der PV-Anlage SolarCampus in Eberstalzell neben der A1 im Kopf – das ist keine Agri-PV-Fläche, hier gibt es keine landwirtschaftliche Nutzung.

Die Initiative Wirtschaftsstandort Oberösterreich (IWS) kritisiert, dass das Land OÖ viel zu wenig tue, die PV-Branche spricht sogar von „Verhinderung“. IWS-Chef Gottfried Kneifel sagt, dass „die Ausbauziele für erneuerbare Energieträger bis 2030 nicht allein mit PV-Anlagen auf Dachflächen erreicht werden können“. Gespräche mit diversen Branchenkennern bestätigten diese Ansicht. Kneifel bezieht sich auf eine Studie zur Agri-PV, derzufolge mit nur 200 PV-Anlagen mit jeweils zehn Hektar Agrarfläche ein Sechstel des oberösterreichischen Strombedarfs gedeckt werden könnte. Das gilt in der Branche eher als hoch angesetzt, aber zehn Prozent (von rund 15 Terawattstunden) seien sehr realistisch mit den 2000 Hektar Agri-PV. Von diesen würden aber nur 40 Hektar tatsächlich der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen (für die PV-Module samt Stützen). Doch bisher gibt es noch kein nennenswertes Photovoltaik-Projekt in Oberösterreich, das landwirtschaftliche Nutzung und Stromproduktion kombiniert. Energiekonzerne aus dem In- und Ausland und auch die Landwirte würden gern grüne Elektrizität erzeugen, scheitern aber bisher am politisch-bürokratischen Widerstand.

„Wir rechnen mit einer Genehmigung in einem Jahr, wenn überhaupt“, sagt Wolfgang Neuhofer, Geschäftsführer des Projektbetreibers EWS Consulting aus Munderfing. Sein Unternehmen plant mit Zustimmung der Gemeinde in St. Veit im Innkreis eine Zehn-Hektar-PV-Anlage mit landwirtschaftlicher Nutzung, die Strom für 2400 Haushalte liefern soll. Das EWS-Sonnenfeld-Pilotprojekt in Niederösterreich mit 5,5 Hektar ist in zwei Monaten fertig. Andere Betreiber berichten von vielen Projekten, die fixfertig finanziert in der Schublade liegen, aber keine Genehmigung bekommen.
Branchenvertreter Herbert Paierl, Geschäftsführer der Photovoltaik Austria, warnt Oberösterreich vor dem Irrtum, zu glauben, mit den Dachflächen das Auslangen für den nötigen PV-Ausbau zu finden. Die Sonnenstromproduktion muss bis 2030 mindestens verdreifacht werden, die Hälfte davon sollte, so Paierl, auf Freiflächen geschehen. „Hier kommt Agri-PV ins Spiel. Die Landespolitik und die Gemeinden müssen mitziehen, auch im Interesse des Industriestandorts.“
Kneifel schlägt vor, Pilotprojekte zu genehmigen, um eine Dynamik in Richtung eines 200-Felder-Agri-PV-Programms zu erzeugen. Die Anlagen sollten entlang der 30-kV-Leitungen und möglichst in der Nähe von Trafos/Umspannwerken sein. Dabei sollten alle Bodenkategorien genehmigt werden, da sie ja weiter agrarisch genutzt werden. Derzeit gilt ein PV-Verbot auf den „besten“ Böden der Stufen 4 und 5.

Oberösterreichische Nachrichten

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