
Der Druck auf den deutschen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wächst, die ab Oktober geplante Gasumlage noch einmal zu überarbeiten. Immer mehr Politiker der Ampel-Koalition bemängeln, dass mit der Sonderzahlung der Verbraucher auch gesunde Gasimporteure gestützt werden – und nicht nur in Schieflage geratene Konzerne wie Uniper. Auch die OMV, die im ersten Halbjahr Milliardengewinne gemacht hat, stellt Ausgleichsansprüche.
SPD-Co-Chefin Saskia Esken forderte am Freitag Nachbesserungen. FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner signalisierte ebenfalls, offen für Anpassungen zu sein.
Die Umlage soll gut 2,4 Cent pro Kilowattstunde betragen. Damit kommen auf einen vierköpfigen Durchschnittshaushalt um die 480 Euro Mehrbelastung ohne Mehrwertsteuer im Jahr zu. Habeck hatte die Umlage damit begründet, unter Druck stehende Firmen stabilisieren und Insolvenzen verhindern zu wollen – und so die Versorgung mit Energie zu sichern. Weil Gasimporteure kaum noch Lieferungen aus Russland erhalten, müssen sie derzeit für viel Geld auf die Schnelle anderswo Gas beschaffen, um ihre Kunden noch beliefern zu können.
Ein Sprecher des österreichischen Energiekonzerns OMV sagte am Donnerstag, die deutsche Tochter habe Ausgleichsansprüche als Gasimporteur im Sinne des Gesetzes bekanntgegeben. „Ob und in welcher Höhe Ansprüche bestehen und ob diese in Anspruch genommen werden, hängt von weiteren Prüfungen und Entscheidungen ab.“
Die OMV hat im ersten Halbjahr Milliardengewinne gemacht. Einen Überschuss erzielten etwa auch der Schweizer Energiehändler Axpo und der deutsche Energiekonzern EnBW, dessen Tochter VNG einen finanziellen Ausgleich durch die Umlage will.
Bei einem Termin am Donnerstag in Münster sagte Habeck laut Mitschrift eines „Welt“-Journalisten, alle Unternehmen mit hohen Extrakosten in der Beschaffung hätten Anspruch auf Gelder aus der Umlage, nicht nur Uniper. „Trotzdem haben wir natürlich ein politisches Problem.“ Einige Unternehmen hätten sich reingedrängt, obwohl diese viel Geld verdienten und die Umlage der Bevölkerung nicht bräuchten. „Das schauen wir uns noch mal an.“
SPD-Chefin Esken sagte im Deutschlandfunk, es sollten Unternehmen gestützt werden, die in eine Schieflage geraten seien. „Dass sozusagen dort auch als Trittbrettfahrer Unternehmen sich melden, die nicht in wirtschaftlicher Schieflage sind, die gute Gewinne in anderen Sparten machen, das ist nicht akzeptabel, und da müssen wir was ändern.“ Esken kündigte zudem weitere Entlastungen der Bürger an, die die gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten nicht alleine stemmen könnten.
Finanzminister Lindner sagte am Donnerstagabend im ZDF, die Umlage sei im Kern richtig. „Es geht nicht darum, irgendwelche Konzerne zu retten.“ Es gehe darum, die Verbraucher vor Energieengpässen zu schützen. Aber natürlich dürften Konzerne damit nicht ihre „Rendite pflegen“. Das müsse geprüft werden. „Wenn es eine Notwendigkeit gibt, etwas zu verändern, um dieses Instrument zielgenauer zu machen, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren, dann scheuen wir uns nicht vor Korrekturen.“
APA/dpa-AFX