„Sie haben gegen jedes Windrad gekämpft“

13. September 2022

Bei der Generaldebatte im Deutschen Bundestag verteidigt Kanzler Olaf Scholz den Regierungskurs in der Energiekrise.

Berlin. Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Kritik der konservativen Union am Kurs der Regierung in der Energiekrise zurückgewiesen. Es werde sicherlich „ein Winter der Herausforderungen“, sagte Scholz in der Generaldebatte am Mittwoch im deutschen Parlament. Aber die Bundesregierung habe dafür gesorgt, dass Deutschland gut vorbereitet sei. „Wir kommen wohl durch.“

Mit inzwischen drei Entlastungspaketen reagiere die Regierung auf die Sorgen der Bevölkerung. „Wir haben sehr viel gemacht, um die drängenden Probleme der Bürgerinnen und Bürger in den Griff zu bekommen.“ Die Bundesregierung werde „niemanden alleine lassen mit seinen Herausforderungen“.

Bei der Sicherung der Stromversorgung sei Deutschland ebenfalls auf einem guten Weg, sagte Scholz. Zuletzt sei auch die Möglichkeit geschaffen worden, zwei Atomkraftwerke über den Jahreswechsel in einer Notreserve zu halten, „damit es niemals einen Strommangel in Deutschland gibt“. Die Regierung handle damit entschlossen. Die Union habe dagegen in ihrer Regierungszeit jahrelang den konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien verhindert. Dies schade Deutschland „noch heute“. An Merz und die Konservativen gerichtet, rief Scholz: „Sie haben gegen jedes Windrad gekämpft.“

Kontroverse um Kernkraftwerke

Zwei der drei verbliebenen Atomkraftwerke sollen laut Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) noch bis Mitte April als Notfallreserve einsatzbereit gehalten werden. Im Zuge des Atomausstiegs hätten mit Ende des Jahres alle deutschen Atomkraftwerke endgültig abgeschaltet werden sollen. FDP und Union drängen dagegen auf einen Weiterbetrieb aller drei Kraftwerke wegen der Energiekrise.

Grünen-Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann lehnt einen Weiterbetrieb kategorisch ab. „Kaum eine Debatte wird so faktenfrei geführt wie diese“, betont sie. Der Chef des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (Ifo), Clemens Fuest, sieht dies komplett anders: „Diese Kernkraftwerke abzuschalten, mitten in einer gewaltigen Stromkrise, erscheint mir völlig verrückt und europäisch extrem unsolidarisch“, sagt der Ökonom. Vom Weiterbetrieb der Atomkraftwerke würden Europa und auch Deutschland sehr profitieren. Für die Stabilität der Stromversorgung in ganz Europa sei es wichtig, dass Kernkraftwerke weiterliefen.

Rufe nach einer staatlichen Begrenzung der dramatisch gestiegenen Gaspreise wies FDP-Fraktionschef Christian Dürr zurück. Ein Gaspreisdeckel würde etwa 38 Milliarden kosten, sagte er. „Der Bundeshaushalt wird dann die Differenz dieses Deckels im Vergleich zum Marktpreis tragen.“

CDU-Chef Merz warnte die AfD davor, die hohen Preise und die Energieprobleme parteipolitisch auszunutzen. „Wir werden es nicht zulassen, dass sie dieses Land mit ihrer Politik destabilisieren“, rief er den Abgeordneten in den Reihen der AfD zu. Vorausgegangen waren laute und lang anhaltende Zwischenrufe der AfD-Parlamentarierin Beatrix von Storch.

Kanzler Scholz wies Kritik von CDU-Chef Merz zurück. Foto: afp / Tobias Schwarz

Wiener Zeitung

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