Wien Energie – Kreditrahmen wird im Gemeinderat beschlossen

21. September 2022, Wien

Am morgigen Mittwoch wird auch im Gemeinderat der Kreditrahmen für die Wien Energie beschlossen. Abgesegnet werden jene Tranchen, die die Stadt gewährt hat, sowie der Vertrag über das Darlehen des Bundes. Nötig waren die großen Finanzspritzen an den städtischen Energieversorger, um diesem die weitere Teilnahme an den Energiebörsen zu ermöglichen. Für Kritik sorgt weiterhin, dass Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) seine Notkompetenz dazu in Anspruch genommen hat.

Abgestimmt wird morgen zunächst über die Kredite in der Gesamthöhe von 1,4 Mrd. Euro, die der Stadtchef dem Konzern zur Besicherung seiner Geschäfte gewährt hat. Die erste Tranche war bereits im Juli von ihm freigegeben worden. Die Notkompetenz steht prinzipiell jedem österreichischen Bürgermeister zu. In Wien wurden zuletzt auch Corona-Maßnahmen oder Hilfe für Vertriebene aus der Ukraine auf diesem Weg fixiert.

Neben den Wiener Krediten steht auch das Darlehen des Bundes über 2 Mrd. Euro auf der Tagesordnung. Konkret handelte es sich dabei um den zwischen Stadt und Wien Energie geschlossenen Vertrag zu den Bundesmitteln. Die Vereinbarung mit dem Bund selbst – also konkret mit der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) – ist hingegen formal Sache des Landes und nicht der Gemeinde.

Angekündigt ist für morgen auch eine Mitteilung des zuständigen Stadtrats Peter Hanke (SPÖ). Er wird über die aktuellen „energiewirtschaftlichen Herausforderungen“ sowie über „notwendige Maßnahmen im Zusammenhang mit der europaweiten Energiekrise“ sprechen, wie es in der Ankündigung heißt.

Kontroversen gibt es noch immer über die Notverfügungen des Stadtchefs. Die ÖVP möchte darum in der Fragestunde von Ludwig wissen, warum bei der ersten Inanspruchnahme im Juli nicht der Stadtsenat entschieden hat. Dies wäre die „rechtskonforme Vorgangsweise“ gewesen, heißt es in der Anfrage.

Der türkise Klubchef Markus Wölbitsch untermauerte am Dienstag diese Ansicht auch mit einer Expertise des Verwaltungsrechtspezialisten Bernhard Müller. Dass Ludwig nicht unverzüglich die zuständigen Gremien informiert hat, widerspricht demnach der Stadtverfassung. Tatsächlich wurde der Stadtsenat erst am 13. September damit befasst. Laut Müller darf Ludwig zudem nur entscheiden, wenn die Dringlichkeit sehr hoch ist.

Seiner Ansicht nach hätte aber auch der Stadtsenat rasch über die – ihm ebenfalls zustehende – Notkompetenz via Umlaufbeschluss entscheiden können. Lediglich wenn es um wenige Stunden gegangen wäre, wäre die Dringlichkeit tatsächlich gegeben gewesen, befand der Jurist im Gespräch mit Journalisten. Die ÖVP bezweifelt jedoch, dass es sich um einen derart eklatanten Notfall gehandelt hat. Verwiesen wird dabei etwa auf Aussagen von Stadtwerke-Verantwortlichen, wonach die Finanzmittel nicht sofort benötigt wurden.

Laut einer Stellungnahme der Magistratsdirektion (Geschäftsbereich Recht) stellt sich der Sachverhalt jedoch anders dar. „Wenn eine Entscheidung in einer Krisensituation sofort – binnen Stunden – getroffen werden muss, dann kann laut Wiener Stadtverfassung nur die Notkompetenz des Bürgermeisters zur Anwendung kommen“, hieß es in einer Stellungnahme. Die von der Opposition ins Spiel gebrachte Notkompetenz des Stadtsenats per Umlaufbeschluss bedürfe einer vorangehenden Beratung mit physischer Anwesenheit der Stadträte und könne daher nicht innerhalb weniger Stunden umgesetzt werden, wurde betont.

Auch in der „Aktuellen Stunde“ wird zur Causa diskutiert. Dafür haben sich die Grünen entschieden, die morgen das Thema vorgeben. Parteichef Peter Kraus und Klubobmann David Ellensohn verwiesen am Nachmittag im Gespräch mit Journalisten zudem darauf, dass den ganzen Sommer über Umlaufbeschlüsse gefällt worden seien. Sie urgierten einmal mehr zusätzliche Informationen, also etwa darüber, ab wann die Finanzabteilung im Rathaus erfahren hat, dass ein Beschluss über eine Kredit-Notvergabe vorzubereiten ist.

Das Ergebnis der morgigen Abstimmung hat formal keine Auswirkung auf die Notkompetenz-Entscheidungen. Selbst wenn der Koalitionspartner der SPÖ, die NEOS, die entsprechenden Punkte ablehnen würde, würden die Entscheidungen weiter gelten. Allerdings ist davon ohnehin nicht auszugehen. Lediglich die Oppositionsparteien haben bereits ihre Ablehnung der Wien-Kredite angekündigt. Der auf den Bundesmitteln fußende Vertrag findet hingegen auch bei der ÖVP und den Grünen Zustimmung. Diesen werden nur die Freiheitlichen ablehnen.

Die FPÖ wollte übrigens auch im Rahmen einer Sondersitzung am Freitag über die Wiener Energie diskutieren. Zu diesem Zweck sollte der Titel der bereits seit längerem anberaumten Sitzung zum Thema Spitäler erweitert werden. Dies wurde jedoch nicht genehmigt, genauso wenig wie zwei offenbar geplante Anfragen im Plenum.

Gemeinderatsvorsitzender Thomas Reindl (SPÖ) betonte, dass die ausgegliederte, privatrechtlich tätige Wien Energie nicht Thema einer Anfrage sein dürfe. Die FPÖ reagierte erbost. Klubchef Maximilian Krauss ortete ein „diktatorisches Vorgehen“ der SPÖ. In der betreffenden Sondersitzung darf nun jedenfalls nur über die Gemeindespitäler debattiert werden.

Und nach Ansicht der FPÖ könnte auch die Untersuchungskommission zur Wien Energie wackeln. Prinzipiell ist zwischen ÖVP und FPÖ vereinbart, eine solche zu initiieren. Laut FPÖ könnte nun aber mit ähnlichen Argumenten versucht werden, die U-Kommission zu verhindern. Im Rathaus würden bereits Gutachten vorbereitet, die diese Vorgangsweise untermauern könnten, warnte sie via Aussendung.

Landtagspräsident Ernst Woller (SPÖ) versicherte umgehend, dass dies keinesfalls geplant sei. Er habe lediglich den Auftrag erteilt, eine mögliche Ausweitung der Prüfkompetenzen eines Untersuchungsausschusses rechtlich beleuchten zu lassen. Aktuell ist lediglich möglich, das politische Handeln im Zusammenhang mit der Wien Energie zu thematisieren. Die Vorgänge im Unternehmen selbst dürfen im Rahmen einer U-Kommission nicht erörtert werden.

APA

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