Trotz Preisbremse viele Tücken bei Strompreis

30. Jänner 2023, Wien

Energie. Seit Dezember gilt die staatliche Strompreisbremse, die bei den meisten heimischen Haushalten den Großteil der Stromkosten deckelt. Wenn Kunden ihre Tarifdetails jedoch nicht im Blick haben, drohen dennoch unnötige Mehrkosten.

Drei bis vier Milliarden Euro soll die Strompreisbremse in Summe kosten, die von der Bundesregierung im Vorjahr beschlossen und per Anfang Dezember 2022 in Kraft getreten ist. Es handelt sich damit um eine der wichtigsten Maßnahmen der Politik in dem Bemühen, die aktuelle Teuerungswelle für die Bürger abzumildern. Die meisten Stromkunden dürften die bis Juni 2024 laufende Regelung, wonach der Großteil des durchschnittlichen Jahresverbrauchs gedeckelt ist, dankend zur Kenntnis genommen haben und sich seither wieder wenig Gedanken um ihren Stromvertrag machen. Dies kann jedoch ein Fehler sein, der zu unnötigen Mehrkosten führt.

1 Warum hat der Preisvergleich trotz Strompreisbremse Sinn?

Durch die Strompreisbremse soll der Grundverbrauch der Haushalte auf das Niveau von vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs begrenzt werden. Dazu werden die ersten 2900 Kilowattstunden pro Jahr auf den Preis von netto zehn Cent je kWh gedeckelt. Die Differenz zwischen Strompreis des Anbieters und Deckelpreis trägt der Staat. Allerdings beträgt der maximale Zuschuss je kWh 30 Cent. Das bedeutet: Wer einen Vertrag mit einem Nettopreis von über 40 Cent je kWh hat, zahlt auch bei den bezuschussten 2900 Kilowattstunden mehr. Liegt der Preis etwa bei 50 Cent je Kilowattstunde, sind das 290 Euro netto pro Jahr mehr. Noch gravierender ist der vom Anbieter verrechnete Marktpreis bei dem Verbrauch, der über 2900 kWh liegt — im Schnitt verbrauchen Haushalte in Österreich 3500 kWh pro Jahr. So zahlt dieser Durchschnittshaushalt bei einem Beispielpreis von 40 Cent je kWh 290 Euro für die gedeckelten 2900 Kilowattstunden und 240 Euro für die 600 ungedeckelten Kilowattstunden. Hinzu kommen dann noch Steuern und Netzgebühren.

Stromkunden sollten daher überprüfen, ob sie über oder unter der Deckelgrenze von 2900 kWh liegen. Und danach auf den Preis je Kilowattstunde schauen, den ihr Anbieter verrechnet. Dieser sollte keinesfalls über 40 Cent netto liegen. „Bei einem Verbrauch von über 2900 kWh sollte man sehr genau auf den Kilowattstundenpreis achten. Aber auch darunter ist es nicht egal. Denn es ist ja nicht sinnvoll, wenn der Staat unnötig Steuergeld ausgibt“, sagt dazu Johannes Mayer von der E-Control.

2 Gibt es derzeit überhaupt Angebote für wechselwillige Kunden?

Bis vor Kurzem waren jegliche Überlegungen, den Stromanbieter zu wechseln, Makulatur. Die Angebote für Neukunden lagen weit über den bestehenden Verträgen. Und seit dem Bekanntwerden der Strompreisbremse im Herbst haben viele Anbieter ihre Preise genau auf die maximal geförderten 40 Cent je kWh gehoben. Dieses Bild hat sich jedoch wieder gewandelt. Für rund ein Viertel aller Haushalte kann sich ein Anbieterwechsel wieder auszahlen, heißt es beim Vergleichsportal Durchblicker. Zwar liegt der Medianpreis für Neukunden laut Tarifkalkulator der E-Control nach wie vor bei etwas über 40 Cent je kWh (siehe Grafik). Einige Anbieter unterbieten dies jedoch wieder deutlich. „Die besten Angebote liegen bei 26 bis 27 Cent“, so Stefan Spiegelhofer von Durchblicker.

3 Sollte man also so schnell wie möglich den Anbieter wechseln?

Die Antwort ist hier zwiespältig. Grund dafür ist, dass bei den meisten Angeboten eine Bindung auf zwölf Monate vorgesehen ist. Und die Tendenz bei den Großhandelspreisen geht derzeit weiter nach unten. Zuletzt war auf dem Spotmarkt die Megawattstunde für 145 Euro zu haben — das entspricht 14,5 Cent je Kilowattstunde. Es sei daher anzunehmen, dass sich auch bei den Endkundenpreisen in den kommenden zwei bis drei Monaten noch etwas nach unten bewege, so Mayer von der E-Control. Ein Endkundenpreis rund um 20 Cent wäre ein „gutes Angebot“.

4 Was passiert mit der Preisbremse, wenn man unterjährig wechselt?

Die 2900 gedeckelten Kilowattstunden werden dabei aliquot aufgeteilt. Je nachdem, wie viel Zeit seit Anfang Dezember verstrichen ist, entfallen Teile des gedeckelten Verbrauchs auf den alten und Teile auf den neuen Anbieter. Bei einem hohen Verbrauch kann in der Endabrechnung mit dem Altanbieter also schon der Marktpreis anfallen, obwohl die 2900 Kilowattstunden noch nicht erreicht wurden.

von Jakob Zirm

Die Presse

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