
Die Debatte um den Strompreis des landeseigenen Tiroler Energieversorgers Tiwag kommt weiterhin nicht zur Ruhe. Nachdem ab Juni eine Strompreiserhöhung gelten wird, forderte Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) gegenüber der „Tiroler Tageszeitung“ ab Herbst eine Preisreduktion um 15 Prozent. Die Tiwag hatte bereits angekündigt, im Herbst ihre Preise erneut prüfen zu wollen. Am Dienstag bestätigte das Unternehmen der APA, dass es eine Anpassung geben kann.
Die Senkung um 15 Prozent soll laut Mattles Forderung allen Bestandskunden zugutekommen. Sie soll bis 1. Oktober und damit noch vor Beginn der Heizsaison umgesetzt werden. Ziel sei es, „auch eine Entspannung bei Wärmepumpen und Stromheizungen“ zu erreichen, hieß es. Besitzern von Wärmepumpen und Stromheizungen soll zudem ein Zuschuss von 300 Euro gewährt werden, um Mehrkosten abzufedern. Mattle erwarte sich laut „TT“ ebenfalls, dass die Preise an den Tiwag-Zapfsäulen für E-Autos sinken.
Seitens der Tiwag hieß es am Dienstag, dass nach den Sommermonaten „eine Neukalkulation der Preise geplant“ sei. „Damit kann es noch im Herbst eine Anpassung geben. Dahingehend hat Tiwag in Abstimmung mit Eigentümervertreter LH Anton Mattle auch die Beschaffungsstrategie neu ausgerichtet und mit den Vorbereitungen für eine Preisanpassung im Herbst begonnen.“ Mit den neuen Lieferbedingungen und -verträgen habe man dahingehend bereits „Vorkehrungen eingeleitet, um eine allfällige Entspannung auf den Energiemärkten in den neuen Stromtarifen weitergeben zu können“. Die Tiwag wolle als Landesenergieversorger einen Beitrag zur Entlastung der Menschen leisten, wurde versichert.
Zuletzt hatte es um die Preisgestaltung des Energieversorgers immer wieder ein politisches Tauziehen gegeben. Die Tiroler Oppositionsparteien hatten die schwarz-rote Landesregierung – und vor allem Mattle als Tiwag-Eigentümervertreter – aufgefordert, hinsichtlich der Strompreiserhöhung einzugreifen. Auch die Tiroler Arbeiterkammer (AK) und ihr schwarzer Präsident Erwin Zangerl übten heftige Kritik und haben mittlerweile sogar eine Klage gegen die Tiwag eingereicht. Die Arbeitnehmervertretung warf dem Energieversorger Intransparenz bei der Preisgestaltung vor. Auch die Wirtschaftskammer machte zuletzt Druck und forderte, dass die Tirolerinnen und Tiroler einen Vorteil von der Stromeigenerzeugung im Land haben müssten.
Zangerl forderte am Dienstag in einer Aussendung eine Änderung der Tiwag-Satzung, „denn die Tiwag hat einen klar öffentlichen Auftrag und hat die Tirolerinnen und Tiroler mit preiswerter Energie zu versorgen und nicht ihre Gewinne zu maximieren“, meinte er. Der AK-Chef begrüßte den Vorstoß Mattles, sah aber beim Strompreis noch „Luft nach unten“. Den Zuschuss für Wärmepumpen- und Stromheizungshaushalte sah er kritisch, da sich „Einmalzahlungen nicht als geeignete Maßnahme erwiesen“ hätten.
FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger betonte, dass eine mögliche Strompreissenkung keinesfalls ein „Verdienst des schwarzen Landeshauptmannes“ sei. Eine solche war Abwerzger nämlich „von der Tiwag-Führung im persönlichen Gespräch bereits vergangene Woche avisiert“ worden, sagte er. Der FPÖ-Chef verwies auf eine am Mittwoch stattfindende Sitzung des Beteiligungsausschusses, an der die Spitzen von Tiwag und Tigas teilnehmen werden. Abwerzger verlangte, dass sie der Bevölkerung die aktuelle wirtschaftliche Situation „in verständlicher Sprache“ erklären sollen und bemängelte die den Kundinnen und Kunden übermittelten Verträge, die ja „kaum einmal ein studierter Jurist“ – wie es Abwerzger selbst ist – versteht.
Die Grünen sahen wiederum eine Chance auf Entlastung der Menschen in einer Verbund-Dividende, nachdem die Tiwag bei dem Energieversorger Anteile halte. 78 Mio. Euro würden der Tiwag zustehen. Klubobmann Gebi Mair erwartete sich, dass dieses Geld „ohne Verzug an das Land Tirol weitergereicht“ werde. Auch Mair fand den 300-Euro-Zuschuss unzureichend: „Diese Almosen reichen in keiner Weise, um die Teuerungen beiden Tiroler*innen abzufedern. Wir brauchen eine ordentliche Entlastung“, forderte er.
Mattle habe offenbar „den Ernst der Lage erkannt und macht eine Kehrtwende“, meinte indes NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer. „Der Druck der Arbeiterkammer und der geschlossenen Opposition zeigt Wirkung“, sagte er. Oberhofer drängte darauf, dass alle kommunalen Versorger, die bei der Tiwag Kunden sind, die Preissenkung im Herbst an die Kundschaft weitergeben.
Die Tiwag verlangt – nachdem das Landesunternehmen die Strompreise für Haushalts- und Bestandskunden bis dato nicht erhöht hat – mit Juni einen Arbeitspreis von 18,9 Cent pro Kilowattstunde (kWh), „als Anreiz für einen schnellen Umstieg“ wird ein zeitlich befristeter Bonus von 2 Cent pro Kilowattstunde angerechnet. Für einen Standardhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 2.900 kWh werden die monatlichen Mehrkosten unter Berücksichtigung der Strompreisbremse neun Euro betragen. Im Herbst sollen die Beschaffungskosten erneut „entsprechend dem dann gegebenen Marktumfeld“ überprüft werden.
APA