Der Red Bull Ring gilt nach den Vorgaben des Weltverbands FIA als ein Vorzeigebeispiel für Nachhaltigkeit: Die Rennstrecke im obersteirischen Aichfeld hat zuletzt „drei Sterne“ beim Environmental Accreditation Programme und damit das höchstmöglich Rating der FIA erhalten. Gottfried Kirchengast, Klimaforscher vom Wegener Center der Universität Graz, hält die Richtlinien des Automobil-Verbands allerdings für „zahnlos“ und sprach gegenüber der APA von „Greenwashing-PR“.
Die Verleihung des Zertifikats „Three-Star – Best Practice“ erfordert „Nachweise von vorbildlichen Verfahren sowie das Bekenntnis zur kontinuierlichen Verbesserung mithilfe eines Umweltmanagement-Systems“, hieß es im Mai in einer Aussendung seitens des Red Bull Rings. Der Leitfaden der FIA, der online auch zu finden ist, stütze sich auf Standards wie ISO-Zertifizierungen und besteht aus 17 Punkten – darunter die Schulung und Sensibilisierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie schonender Umgang mit Ressourcen sowie Richtlinien in Bezug auf Recycling.
Der Red Bull Ring nehme laut eigenen Angaben „aktiv Verantwortung für den Erhalt unseres schützenswerten Lebensraumes“. Tatsächlich gilt seit 2014 bei den Events das Motto „Nimm’s Radl“, das 2022 um „Nimm’s Shuttle“ erweitert wurde. Die Kombination dieser und anderer Maßnahmen beuge „nicht nur Staus, sondern auch CO2-Emissionen vor“. Wie viel genau, ließ sich auf Nachfrage beim Projekt Spielberg allerdings nicht in Erfahrung bringen, obwohl in den Richtlinien der FIA messbare Werte vorgegeben sind und solche somit vorliegen müssten.
„Umweltschutz, schonender Umgang mit Ressourcen sowie verantwortungsbewusstes Wirtschaften sind zentrale Voraussetzungen für eine zukunftsfähige Gesellschaft. Dazu zählen die Reduzierung und Vermeidung von Umweltbelastungen wie Energie- und Wasserverbrauch, Emissionen oder Abfälle“, unterstrich Erich Wolf, General Manager des Red Bull Rings. Er verwies auf die firmeneigene „Sustainability Policy“, die auf der Website abrufbar ist – übrigens auch eine der FIA-Vorgaben, um die „drei Sterne“ zu erhalten.
Mit dem FIA Environmental Accreditation Programme verfolge „der Automobil-Weltverband das Ziel, Akteure und Verantwortliche im Motorsport und im Sektor Mobilität dabei zu unterstützen, ihr Umweltmanagement laufend zu prüfen, gezielt zu verbessern und ökologisches Handeln durchzusetzen. Das FIA-Zertifikat wird im Zwei-Jahres-Rhythmus überprüft und gegebenenfalls erneuert“, so der Red Bull Ring.
Klimaexperte Kirchengast sieht im FIA Environmental Accreditation Programme „eine der zahnlosen Richtlinien und Labels unter dem Dach eines eigenen Interessensverbandes“, wo „Greenwashing-PR“ ganz klar im Vordergrund stehe. Für diese „Auszeichnung“ seien keine ernsthaften Klimaschutzbemühungen notwendig, lediglich Absichtserklärungen und kleine unverbindliche und weit unzureichende Schritte, so Kirchengast. Das alles stehe „in überhaupt keinem Verhältnis zum Ausmaß an Klimaschädlichkeit und nachteiligen Umweltauswirkungen, den der globale Grand-Prix-Zirkus und seine Stakeholder real verursachen“ würden.
Er sieht in der Aussendung des Red Bull Rings in Sachen Nachhaltigkeit „reine PR“. Diese sei bei einer „desaströsen Gesamtklimabilanz mit einem hoch überwiegenden Anteil an Luxus- und Verschwendungsemissionen“ eine „ziemlich dreiste Irreführung“.
Eine konkrete Klimaschutz-Initiative der Grand-Prix-Organisatoren in diesem Jahr ist das kohlenstoffarme System zur Stromerzeugung, das im Infield der letzten Kurve installiert wurde. Im Vergleich zur Veranstaltung vor einem Jahr soll die dadurch erzielte Verringerung des CO2-Ausstoßes beim Betrieb des Fahrerlagers, der Boxengasse und des Übertragungsbereichs bei etwa 90 Prozent liegen. Das Energiesystem „werde genügend Energie erzeugen, um den Spitzen- und Dauerbedarf während des Rennwochenendes zu decken, und wird aus nachhaltigeren Quellen gespeist, einschließlich eines Biokraftstoffs aus mit Wasserstoff behandeltem Pflanzenöl“, teilte die Formel 1 mit.
(S E R V I C E – https://go.apa.at/4SZYDqnI und https://go.apa.at/vC2GoUXt )
APA