
In der teils emotional geführten Debatte um Windräder in Tirol hat die schwarz-rote Landesregierung am Dienstag nach ihrer Regierungssitzung mit einer aktualisierten Windkraftpotenzialstudie aufgewartet. Demnach könnte der aktuelle Gesamtenergiebedarf zu 3,3 bis 4,9 Prozent mit Windkraft gedeckt werden. Tirols LH Anton Mattle sprach angesichts von Förderungen für Windmessungen von einer „Offensive“, LHStv. Josef Geisler (beide ÖVP) nahm außerdem Skigebiete in den „Fokus“.
Bei einer früheren Studie aus dem Jahr 2014 war das Windkraftpotenzial noch auf 250 bis 350 Gigawattstunden geschätzt worden, was circa einem Prozent des aktuellen Energiebedarfs entspricht. Doch aufgrund der „technischen Verbesserung und besserer Einspeisetarife“ könnte bei einer vollständigen Nutzung des Leistungsvermögens nunmehr 800 bis 1.200 Gigawattstunden erzeugt werden, dafür bräuchte man 140 bis 160 Windräder. Bei Erreichen der angepeilten Energieziele im Jahr 2050 mitsamt vorgesehener Energieeinsparungen könnten bis zu sieben Prozent des Energiebedarfs abgedeckt werden, hieß es seitens der beiden Politiker.
Mattle räumte indes ein, dass sich innerhalb der ÖVP wohl der Wind hinsichtlich der Einstellung zur Windkraft gedreht habe. Wo man früher „kritisch“ eingestellt war, sieht man heute das „nutzbare Potenzial“, sagte er. Windräder werden künftig nicht auf Gipfelkreuzen stehen, sondern Bergkämme – bzw. „Hochtäler und Jöcher“ – kommen dafür infrage.
Energielandesrat Geisler nannte wiederum Skigebiete als mögliche, interessante Standorte – zumal dort die Berge bereits erschlossen und es Ableitungen und große Abnehmer gebe. NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer hatte diesen Vorschlag zuerst vorgebracht. Die nunmehrige Studie, die auf dem Österreichischen Windatlas aufbaue, habe ein „erfreuliches Ergebnis“ zutage gebracht, fand Geisler. Der Landeshauptmannstellvertreter betonte außerdem, dass bei der Begutachtung naturschutzrechtlicher Aspekte auch der Landschaftsschutz eine Rolle spielen würde, hier handle es sich schließlich um eine „Gesamtbewertung“.
Um beispielsweise „Kommunen oder Investoren“ einen Anreiz zu bieten, will das Land Tirol ab kommenden Jahr Windmessungen mit 300.000 Euro fördern. Darüber hinaus soll für das erste erbaute Windrad eine Prämie von 100.000 Euro ausgeschüttet werden.
Nicht zufrieden mit der Studie und den Förderungen zeigten sich die Grünen, früherer Koalitionspartner der ÖVP. „Dass alle Tallagen in Bausch und Bogen ausgenommen wurden, ist eine bewusste Strategie der Landesregierung, Windkraft zu erschweren. Es gibt auch Tallagen, bei denen die notwendigen Abstände zu Siedlungsgebieten problemlos eingehalten werden“, meinte Klubchef Gebi Mair. Dies sei eine „bewusste Verhinderungsstrategie“, immerhin würde im Gebirge der Widerstand aus „ästhetischen Gründen“ stärker sein. Auch dass es von Mattle an den landeseigenen Energieversorger Tiwag keinen Auftrag gebe, ein Windrad zu errichten, kritisierte Mair. „Für den Energiemix der Tiwag ist das unbedingt nötig“. Außerdem empfand Mair die 100.000-Euro-Förderung als viel zu wenig: „Das ist ja wirklich ein schlechter Scherz“.
APA