Der durch den Staat gerettete Gashändler und Stromproduzent will bis 2029 komplett aus der Kohleverstromung aussteigen.
Der krisengeschüttelte Konzern Uniper hat eine neue Zukunftsstrategie: Bis 2030 will der Konzern acht Milliarden Euro investieren, um die eigenen Geschäftsbereiche nachhaltiger aufzustellen. Das teilte das Unternehmen am Dienstagmorgen mit. Bislang basiert das Geschäftsmodell zu großen Teilen auf Gas: Uniper kauft dieses ein, betreibt Speicher, handelt mit dem Rohstoff und beliefert Stadtwerke und Industrieunternehmen. Außerdem produziert Uniper Strom mit vorwiegend fossilen Kraftwerken.Nach dem neuen Plan will Uniper bis 2030 allerdings mehr als 80 Prozent seiner Kraftwerke zur CO2-freien Stromproduktion nutzen und bis 2029 aus der Kohleverstromung aussteigen. Dazu will Uniper seine aktuell rund sechs Gigawatt Kohlekraftwerke schrittweise vom Netz nehmen. Klar ist zudem ohnehin bereits, dass Uniper aufgrund von Auflagen der Europäischen Kommission bis 2026 sein Steinkohlekraftwerk Datteln 4 verkaufen muss. Uniper will zudem seine Gaskraftwerke transformieren und dort vermehrt grüne Gase wie Wasserstoff einsetzen.
Darüber hinaus sollen neue Solar- und Windkraftanlagen entstehen. Bislang machen solche Anlagen nur einen kleinen Bruchteil der Uniper-Kraftwerke aus. Im Handel will Uniper bis 2030 fünf bis zehn Prozent grüne Gase im Portfolio haben. Zudem sollen die Gasspeicher weiter zu Wasserstoffspeichern umgewandelt werden. So will Uniper bis 2040 komplett CO2-neutral sein – zehn Jahre früher als bisher geplant. Die neue Zukunftsplanung für Uniper dürfte in Abstimmung mit der Bundesregierung entwickelt worden sein: Uniper musste vom deutschen Staat gerettet werden, weil der Gasimporteur infolge des Kriegs in der Ukraine in die Bredouille geraten war. Russland liefert kein Erdgas mehr über Pipelines nach Deutschland. Ein großer Teil von Unipers Geschäftsmodell baute aber auf diesen Lieferungen auf. Um die Kunden weiter zu beliefern, musste Uniper das nötige Gas zu hohen Preisen am Weltmarkt kaufen. Angesichts der teuren Energie im vergangenen Jahr war das ein permanentes Verlustgeschäft. Noch dazu musste Uniper seine russischen Kraftwerke abschreiben. Am Ende des Geschäftsjahrs 2022 stand so ein Nettoverlust von rund 19 Milliarden Euro.
Hoher Nettogewinn erwartet
Jetzt geht es für das Unternehmen bergauf. Alle realisierten und abzusehenden Verluste durch Gasersatzbeschaffungen hat Uniper bereits im Geschäftsbericht 2022 verbucht. So ist Uniper seit dem ersten Quartal 2023 wieder in der Gewinnzone. Für die erste Hälfte des Geschäftsjahrs legte der Konzern ein bereinigtes Ebit von 3,7 Milliarden Euro vor, nach einem negativen Ebit von minus 757 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Auch für das Gesamtjahr rechnet das Unternehmen nun mit einem bereinigten operativen Ergebnis (Ebit) und einem bereinigten Nettogewinn im mittleren einstelligen Milliarden-Euro-Bereich. Der neue Uniper-Chef Michael Lewis sagte am Dienstag: „Die Lieferverpflichtungen an Stadtwerke und Industriekunden, die wir vor den russischen Lieferkürzungen eingegangen waren, sind für die Jahre 2023 und 2024 durch Termingeschäfte nahezu vollständig abgesichert.“Finanzchefin Jutta Dönges sagte, dass Uniper seit dem Jahresende 2022 keine weiteren Eigenkapitalzuführungen durch den Staat erhalten habe und auch keine mehr in Anspruch nehmen könne, da es keine zusätzlichen Mehrkosten für die Gasersatzbeschaffung mehr gebe. „Damit ist die Unterstützung von Uniper im Hinblick auf Eigenkapitalzuführungen durch den Bund früher als erwartet beendet“, sagte Dönges. Der Beitrag der Steuerzahler falle damit deutlich geringer aus als am Anfang erwartet. Insgesamt hat Uniper ein Eigenkapital von 13,5 Milliarden Euro vom Staat in Anspruch genommen. Grund für die guten Zahlen sind die guten Marktbedingungen.
Uniper hat wohl nicht alle fehlenden Gasmengen direkt zu hohen Preisen am Markt nachgekauft. Einen Teil des Gases kaufte Uniper später zu deutlich niedrigeren Preisen und kann es so gewinnbringend weiterverkaufen. Außerdem kann Uniper den Strom aus den Unternehmenskraftwerken derzeit zu vergleichsweise hohen Preisen verkaufen.
Handelsblatt