Scholz: Keine überzeugende Lösung für Industriestrompreis

28. September 2023, Berlin
Scholz kann sich Überbrückungshilfe in Einzelfällen vorstellen
 - Berlin, APA/dpa

– Ein mit staatlichen Subventionen gedeckelter Strompreis für Teile der Industrie spaltet weiterhin die deutsche Regierung, aber auch die Wirtschaft. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz bekräftigte am Donnerstag in einem Interview der „Wirtschaftswoche“ seine ablehnende Haltung. „Der Strommarkt muss auf Dauer ohne Subventionen funktionieren. Zu überlegen wäre allenfalls, ob wir in Einzelfällen eine Unterstützung zur Überbrückung brauchen“, sagte der SPD-Politiker.

Kritik kam auch von den führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstituten. Gewerkschaften und energieintensive Betriebe warben dagegen für einen Industriestrompreis, den in der Regierung Vize-Kanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck durchsetzen will.

Scholz sagte, Kern vieler Vorschläge sei es, staatliche Schulden zu machen, um profitablen Industrieunternehmen zu helfen. „Das kann ja wohl nicht die Antwort sein.“ Der Staat dürfe kein Geld aus dem Fenster werfen. „Bisher gibt es jedenfalls noch keine Lösung, die alle überzeugt hat. Mich eingeschlossen.“

Die Familienunternehmen lobten Scholz, dem Druck der Chemiebranche und der Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen standzuhalten. „Dafür gebührt ihm Anerkennung“, sagte Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbands der Familienunternehmer. Das Energieangebot müsse so schnell wie möglich ausgeweitet werden, um die Preise zu drücken. Auch Umlagen und Steuern sollten so weit wie möglich reduziert werden.

Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute nannten den Industriestrompreis in ihrem Gutachten für die Bundesregierung einen Irrweg. Nur ein Teil der Industrie würde profitieren, ihre Stromnachfrage dadurch sogar noch steigen. Für andere Nutzer würde dies Strom teurer machen. „Da die Stromproduktion in Deutschland dauerhaft teurer bleiben dürfte als in anderen Ländern, würde der notwendige Strukturwandel aufgehalten.“

In der deutschen Ampel-Regierung ist auch Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner gegen einen Industriestrompreis. Grünen-Politiker Habeck dagegen will ihn und bezifferte die Chance einer Einführung diese Woche auf 50 Prozent. Bei der energieintensiven Industrie gehe es um die Existenz. „Die Produktionseinbrüche sind ja da.“ Habeck will den Strompreis bis 2030 bei sechs Cent pro Kilowattstunde deckeln, aber nur für bestimmte Bereiche wie Chemie oder Stahl. Der vergünstigte Tarif würde für 80 Prozent des Basisverbrauchs gelten, um einen Anreiz zum Sparen zu setzen. Die Kosten dafür werden auf 25 bis 30 Milliarden Euro geschätzt, also etwa fünf Milliarden pro Jahr.

„Ohne Brückenstrompreismodell geht bei vielen energieintensiven Unternehmen in Deutschland bald das Licht aus“, warnte Ralf Claessen von der IG Metall Krefeld. „Wir brauchen jetzt wettbewerbsfähige Strompreise“, forderte der Geschäftsführer der Gießerei Siempelkamp, Dirk Howe. Scholz habe im Wahlkampf der Industrie sogar einen Strompreis von vier Cent pro Kilowattstunde versprochen. Dies müsse er nun einlösen.

APA/ag

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