E-Control drängt darauf, russische Gaslieferungen durch alternative Routen zu ersetzen
Der europäische Gaspreis ist Ende der Vorwoche mit 56 Euro pro Megawattstunde (MWh) auf den höchsten Wert seit Februar gestiegen. Zwar sank er bis Dienstag an der Börse in Amsterdam wieder unter 50 Euro – dennoch: „Gas kostet ungefähr dreimal so viel wie vor drei Jahren“, sagte Alfons Haber, Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control, am Dienstag im OÖN-Gespräch anlässlich des Energietags 2023 der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Oberösterreich in Linz.
Eine Preislage zwischen 40 und rund 55 Euro pro MWh bilden die Terminmärkte derzeit ab. „Und auch wir sehen das bis 2025. Billiger wird es kaum werden“, sagte Haber. Wie sich der Preis konkret entwickelt, hängt einerseits davon ab, wie es mit möglicher Angebotsverknappung weitergeht (aktuell zum Beispiel wegen einer beschädigten Ostseepipeline), andererseits davon, wie voll die Gasspeicher am Ende des Winter sein werden. Preisdämpfend wirkt laut Haber, dass der Gasverbrauch in Europa und Österreich zurückgeht.
Für Unternehmen sei ein „gutes Beschaffungsmanagement“ wichtig, wiewohl es nicht immer einfach sei, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Wer etwa im Juni/Juli Gas für den Winter eingekauft hat, zahlte um 20 Prozent weniger als jetzt. Private Endkunden sollten von kurzfristigen Preisausschlägen nach oben im Großhandel wenig betroffen sein, wenn das Beschaffungsmanagement der Energieversorger funktioniere. Für Haushalte sei es aber immer ratsam, Preise zu vergleichen.
Neben dem Preis ist die Versorgungssicherheit das große Thema. Österreich ist im Jahresdurchschnitt immer noch zu rund 50 Prozent von russischem Gas abhängig. Es zeichnet sich ab, dass die Ukraine den langfristigen Gastransitvertrag mit Russland per Ende 2024 auflösen wird. Woher bekommt Österreich dann sein Gas, das es immer noch braucht?
Haber beruhigt einerseits: Es gebe Bestrebungen der Ukraine, über 2024 hinaus kurzfristige Verträge über sogenannte Plattform-Buchungen zu ermöglichen. „Dafür wird häufig das Jahr 2027 als Ablaufdatum genannt“, sagte Haber. Also das Zieljahr der EU und Österreichs, um von russischem Gas ganz wegzukommen.
Gasleitungen zeitnah buchen
Haber drängt daher andererseits darauf, dass alternative Gasrouten ausgebaut und von Österreichs Energieversorgern genutzt werden. Er nennt drei Hebel: die OMV-Importe von norwegischem Gas und Flüssiggas über Deutschland; Beschaffung über Italien, die zuletzt zugenommen hat; Lieferungen über die Ostsee, Deutschland, Polen und die Slowakei nach Baumgarten. „Die Leitungen müssen zeitnah gebucht werden“, sagte Haber. Je schneller man diversifiziere, desto eher entspanne sich die Lage und desto besser werde die Verhandlungsposition.
Wenn es längerfristig um den Ersatz von fossilem Gas durch Erneuerbare geht, sieht Haber Biomethan in Niedrig- und Wasserstoff in Hochtemperaturbereichen als Optionen.
„Es gibt Bestrebungen der Ukraine, kurzfristige Gaslieferverträge noch über 2024 hinaus zu ermöglichen.“
Alfons Haber, E-Control-Chef
Oberösterreichische Nachrichten