Viele Unternehmen streichen in ihren öffentlichen Auftritten ihre Schritte in Richtung mehr Nachhaltigkeit hervor. Viele geben auch eine Jahreszahl bekannt, bis zu der sie CO2-neutral wirtschaften wollen. Die meisten dabei verwendeten Begriffe sind aber bisher ungenau definiert, auch sind nur sehr wenige Firmen verpflichtet, über ihre Maßnahmen Rechenschaft abzulegen. Das ändert sich mit der EU-Richtlinie zu Nachhaltigkeitsberichten (CSRD-Richtlinie) schrittweise.
Dieses Rahmengesetz der EU schreibt erstmals allen größeren sowie börsennotierten kleineren und mittelgroßen Unternehmen vor, dass sie einen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen müssen. Außerdem wird detailliert festgelegt, wie die im Gesetz vorgesehenen Kennzahlen berechnet und veröffentlicht werden müssen. Damit soll die Berichterstattung vergleichbar werden, etwa über Kennzahlen wie CO2-Ausstoß oder Wasserverbrauch. Am Ende dürften in Österreich rund 2.000 Unternehmen unter die Berichtspflicht fallen, schätzt die Unternehmensberatung EY. Da aber viele als Konzerntöchter bei ihren Muttergesellschaften mitbehandelt werden, werden es wohl nur etwas mehr als 1.000 unterschiedliche Berichte sein.
Die Nachhaltigkeitsberichte werden nicht nur Umweltthemen umfassen, sondern auch Soziales und Unternehmensführung („Governance“). Bisher sind zu 12 Themenfeldern die genauen Vorgaben für die Berichterstattung ausgearbeitet (ESRS). Weitere Vorgaben nach Wirtschaftssektoren sind in Ausarbeitung. Es müssen aber nicht alle Firmen über alle 12 Bereiche berichten. Informationen für die Öffentlichkeit muss es nur dann geben, wenn ein Thema entweder für den Betrieb der Firma relevant ist – oder wenn die Nutzung im Unternehmen auf die Menschen oder Umwelt Auswirkungen hat (Grundsatz der doppelten Wesentlichkeit/Double Materiality). Über welche ESRS und Inhalte ein Betrieb Berichte vorlegen muss, hängt also davon ab, was vom Unternehmen als wesentlich erachtet wird. Allerdings sind detaillierte Erklärungen erforderlich, wenn bestimmte Aspekte als nicht-wesentlich eingestuft werden.
Neu ist auch, dass künftig eine externe Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte vorgeschrieben ist. Die Prüfung soll ähnlich, aber weniger tiefgehend, wie eine Jahresbilanzprüfung erfolgen. Diese Prüfer müssten auch bewerten, ob tatsächlich alle relevanten Bereiche abgedeckt sind. Wer in Österreich die Prüfkompetenz bekommt, ist noch umstritten.
Die neuen Bestimmungen sind weitreichend, es wird aber noch etwas Geduld brauchen, bis die Regeln voll durchschlagen. Im vollen Umfang wird das erst Anfang 2029 sichtbar – wenn die Berichte für das Geschäftsjahr 2028 vorgelegt werden. Denn der Gesetzesrahmen der EU ist zwar schon seit 5. Jänner 2023 in Kraft, die Mitgliedsländer haben aber 18 Monate (bis 6. Juli 2024) Zeit, um die Regeln umzusetzen.
Für das Jahr 2024 müssen nur jene großen Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen, die schon nach alten Bestimmungen der nichtfinanziellen Berichterstattung (NFRD) dazu verpflichtet waren. Das sind in Österreich nur rund 80 Unternehmen. Allerdings sind die Berichtspflichten für das Jahr 2024 mit dem neuen EU-Gesetz umfangreicher und genauer definiert als früher.
Für das Geschäftsjahr 2025 müssen dann alle „großen Unternehmen“ über ihre Nachhaltigkeit berichten. Börsennotierte kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) folgen mit den Berichten für das Geschäftsjahr 2026. Die KMU dürfen aber bis 2028 Aufschub beantragen. Berichte für das Geschäftsjahr 2028 müssen dann auch bestimmte außereuropäische Firmen legen. Die volle Berichterstattung wird also erst 2029 vorliegen.
Der Nachhaltigkeitsbericht ist verpflichtend in einen gesonderten Abschnitt des Geschäftsberichts aufzunehmen und nicht extra zu veröffentlichen. Er muss digital publiziert werden.
In Österreich sind drei Ministerien mit der Umsetzung beschäftigt. Denn es müssen einige Gesetze dafür novelliert werden. Das Justizministerium ist für Anpassungen des UGB zuständig, das Finanzministerium für banken- und börsenrechtliche Sondervorschriften und für die Abschlussprüfer-Aufsichtsbehörde, für das Spezialgebiet der Wirtschaftstreuhänder muss das Wirtschaftsministerium aktiv werden, teilte das Justizministerium mit. Ein erster Entwurf sei bereits auf Ministeriumsebene in Abstimmung.
Die CSRD-Richtlinie baut auf der EU-Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung (NFRD) auf und gehört zu einem Gesetzespaket für ein nachhaltiges Finanzwesen. Dieses ist wieder Teil des großen Ziels, des „Green Deal“, wonach die EU 2050 keine Netto-Treibhausgase mehr ausstoßen soll. Zu diesem Paket gehören auch die Taxonomie-Verordnung oder die Lieferketten-Richtlinie.
Abkürzungen und Definitionen:
CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) – Richtlinie (EU) 2022/2464 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (siehe https://go.apa.at/nIddYsV7 )
ESRS (European Sustainability Reporting Standards) – In diesen Standards sind die konkreten Vorgaben, wie die Nachhaltigkeitsberichterstattung ablaufen soll, definiert. Bisher liegen 12 vor, weitere sollen folgen.
EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) – Die europäische Beratungsgruppe für Finanzberichterstattung, die auch die ESRS ausarbeitet.
„Große Unternehmen“ sind Firmen, die mindestens zwei der folgenden Kriterien überschreiten: Nettoumsatz von 40 Millionen Euro – Bilanzsumme von 20 Millionen Euro – 250 Beschäftigte im Durchschnitt des Geschäftsjahres.
APA