Industrie. 305 Mio. Euro investierte die Papierindustrie 2023 in nachhaltige Projekte, obwohl es kein leichtes Jahr war. Vertreter fordern dringend wettbewerbsfähige Bedingungen.
Die Papierindustrie hat mit einem deutlichen Einbruch bei Umsatz und abgesetzter Menge ein schwieriges Jahr hinter sich. Positiver blickt man bei der am Mittwoch präsentierten Jahresbilanz der Branche auf die CO2-Reduktion, die im Vorjahr erreicht wurde. Insgesamt investierten die Papierunternehmen in Österreich 305 Mio. Euro in neue Projekte. 70 Prozent davon gingen in energieeffiziente Projekte und Dekarbonisierung.
„Ein klares Bekenntnis“ zu den Klimazielen gebe es in der Branche, so Sebastian Heinzel, Nachhaltigkeitssprecher der Austropapier. 68,1 Prozent der eingesetzten Energie komme bereits aus erneuerbaren Quellen. Gegenüber 2022 konnten die CO2-Emissionen 2023 um 11,9 Prozent gesenkt werden. Und auch beim Recycling liege man weiter über dem Schnitt der Europäischen Union (EU) und den Vorgaben der EU: Inzwischen bestehe der Primärrohstoff zu 56 Prozent aus Altpapier, weniger als ein Prozent des Materialeinsatzes falle als Abfall an. Zudem erzeuge die Papierindustrie mehr Energie, als sie verbrauche – vor allem als Wärme. 100.000 Haushalte werden in Österreich mit Fernwärme aus den Überschüssen der Industrie versorgt. Um Betrieben bei der Dekarbonisierung zu helfen, hat der Verband gemeinsam mit dem Austrian Institute of Technology (AIT) ein Kalkulationstool entwickelt. Damit können die Unternehmen Möglichkeiten zur Dekarbonisierung an ihren Standorten feststellen und entsprechende Maßnahmen setzen, um emissionsärmer zu produzieren.
Produzieren für den Exportmarkt
Das sind relevante Entwicklungen für die Branche, denn die Kunden kaufen zunehmend dort, wo das Produkt CO2-neutral hergestellt wird. Bei einer überdurchschnittlich hohen Exportquote (rund 90 Prozent) ist der Faktor Energie demnach entscheidend für den internationalen Wettbewerb. „Wir investieren vorwärts, aber wir brauchen Klarheit“, appelliert Austropapier-Präsident Martin Zahlbruckner an die Politik und fordert stabile und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen. Wie ein Damoklesschwert hängt etwa das bevorstehende Ende des Flusses von russischem Gas über die Ukraine nach Europa Ende 2024 über der Industrie. Tue man nichts, sei das ein „völliger Fatalismus, den wir hier zulassen“, so Zahlbruckner. Er wünscht sich, dass die Regierung darlegt, wie sie den Umstieg auf saubere Energie gestalten will, also wie der Strom erzeugt werden soll und über welche Leitungen er verteilt wird. Zudem ist es für ihn völlig unverständlich, warum die Strompreiskompensation nicht bis 2030 verlängert wird, um die Möglichkeit zu schaffen, „mit den gleichen Spielregeln auf dem europäischen Binnenmarkt“ zu wirtschaften.
Gleichzeitig steht am Donnerstag die zweite Verhandlungsrunde zu den kollektivvertraglichen Lohn- und Gehaltserhöhungen in der Branche an. „Toxisch für die Branche ist eine Kombination aus einer starken Arbeitskostensteigerung und hohen Energiepreisen“, sagte der Chefökonom der Industriellenvereinigung (IV), Christian Helmenstein, Anfang der Woche hinsichtlich der Lohnrunden. Nach der wirtschaftlichen Logik werden Unternehmen jene Standorte mit den höchsten Lohnstückkosten eher herunterfahren, so der Ökonom. Eine Situation, auf die die heimische Branche zulaufe. „Dessen muss man sich bei den Verhandlungen bewusst sein.“ Zahlbruckner äußert sich zu den laufenden Verhandlungen nicht.
2023 ist der Umsatz der Papierhersteller um ein gutes Fünftel auf 4,3 Mrd. Euro gesunken, die Absatzmenge fiel um zwölf (Zellstoff) bis 16 Prozent (Papier). Der Absatzrückgang fiel in Österreich (minus zwölf Prozent) deutlich stärker aus als im Rest Europas (minus sechs Prozent). Positiv sei allerdings, dass die Branche beim Thema Mitarbeiter zunehmend bei Frauen punkten könne, so Austropapier-Geschäftsführerin Sigrid Eckhardt. Der Frauenanteil unter den Beschäftigten sei auf 11,3 Prozent, jener unter den Lehrlingen sogar auf 15,2 Prozent gestiegen.
von Melanie Klug
Die Presse