Kraftwerkbetreiber sind in der Zwickmühle

25. Juni 2024

Die Kleinwasserkraft hat noch großes Potenzial. Aber ihr Ausbau geht nur schleppend voran. Viele Auflagen und lange Verfahren sind zwei der Probleme.

Thomas Auinger Zederhaus, St. Andrä/LG. 270 neue Projekte für kleine Wasserkraftwerke könnten im Bundesland Salzburg zweieinhalb Mal so viel Strom liefern wie ein großes Donaukraftwerk. Das hat ein Potenzial-Check des Vereins Kleinwasserkraft Österreich ergeben. Der 25. Juni ist der Tag der Kleinwasserkraft.

Vor allem kleine Anlagen an Wehren, Dämmen, Sohlschwellen oder zum Beispiel Speicherteichen sowie technische Innovationen wie Strombojen bieten insgesamt eine große Chance. Der Verein hat einen Energieatlas erstellt und fordert angesichts der Klimakrise mehr Kraftanstrengungen für den Ausbau. Es gelte, die Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen deutlich zu steigern.

135 Querbauwerke ließen sich einfach und rasch zur Energienutzung umbauen. Von den bestehenden Kraftwerken, errichtet meist in den 1980er- oder 1990er-Jahren, brauchen viele neue Wasserrechtsgenehmigungen, wenn ihre Laufzeit von in der Regel 30 Jahren abgelaufen ist. Und sie müssen mit Fischaufstiegshilfen ausgerüstet werden.
Die Geschwister Sophie und David Uitz betreiben mit ihrer Ögau Strom GmbH im Lungau zwei Kraftwerke: am Göriachbach in St. Andrä und am Znotterbach in Zederhaus mit maximalen Dauerleistungen von 450 beziehungsweise 330 Kilowatt. Die Anlage in St. Andrä wurde 2018 bis 2020 mit Investitionskosten von rund einer Million Euro umfassend revitalisiert. Das hochkomplexe Wasserrechtsverfahren dauere schon neun Jahre. „Derzeit sind wir säumig“, räumt Sophie Uitz ein. Denn eine Leckage-Überwachung mittels Sonde für die Druckrohrleitung müsse noch installiert werden.

Uitz ist Salzburger Landessprecherin des Vereins. Gut 450 Kleinkraftwerke erzeugen Strom für annähernd 235.000 Haushalte. „Die Branche ist sehr aktiv“, sagt sie, „aber in den letzten Jahren ist eine gewisse Zurückhaltung zu bemerken.“ Das liege an mangelnder Planungssicherheit. „Verfahren, etwa im Natur- und im Gewässerschutz, können lang und schwierig sein.“ Dazu kommen der schwankende Strommarkt sowie gestiegene Bau- und andere Kosten. Es seien zwar ein paar Kraftwerke hinzugekommen; aber andererseits gibt es auch Rückbauten, wenn sich Betreiber die Modernisierungen nicht leisten können bzw. wollen oder wenn Bäche und Flüsse renaturiert werden.

„Es gibt einen Zielkonflikt zwischen Renaturierung und effizienter Kleinwasserkraftnutzung“, stellt der für Energie zuständige Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP) fest. Als Hauptgrund für den stockenden Ausbau nennt er wasserrechtliche und gewässerökologische Auflagen gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Dennoch hätten „ein paar bewiesen, dass man es machen kann“. Projektbetreiber bräuchten einen langen Atem und eine gute Planung, sodass nicht dauernd Nachreichungen eingefordert werden müssten. Freilich könnten sich auch die Behörden im Vollzug verbessern. Im Hinblick auf das Erreichen der Klimaziele sagt Schwaiger: „Kleinwasserkraft ist ausbaubar. Aber das ganz große Potenzial hat sie in Summe nicht.“

Der Ausbau der Kleinwasserkraft sei im vergangenen Jahr um rund 40 Prozent eingebrochen, sagt der Geschäftsführer der Kleinwasserkraft Österreich, Paul Ablinger. „Und das, obwohl eine Direktive der Europäischen Union den Gesetzgeber zur Einführung von Beschleunigungsgebieten verpflichtet hat“, betont der Interessenvertreter.

Salzburger Nachrichten