Eine erfreuliche Bilanz

27. August 2024, Wien

Gestiegene Gas- und Ölpreise sind der Hauptgrund, warum in Österreich die CO2-Emissionen auf den niedrigsten Stand seit 1990 gesunken sind.

Plötzlich zählt Österreich zu den Guten. Zwar gibt es noch keine finalen Daten für die Reduktion der Treibhausgasemissionen in Europa 2023, „aber wir sind da sicher im Spitzenfeld unterwegs“, sagt Günther Lichtblau, Klimaexperte im Umweltbundesamt (UBA) am Donnerstag bei der Präsentation der vorläufigen CO2-Bilanz für 2023. Die Daten zeigen, dass die Emissionen noch stärker zurückgegangen sind als bisher geschätzt: Demnach ist der Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen hierzulande um 6,4 Prozent oder 4,7 auf 68,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent zurückgegangen.

„Diese Zahl ist wirklich äußerst erfreulich“, stellte Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) fest. Noch erfreulicher sei, dass 5,4 Prozent der Reduktion auf Klimaschutzmaßnahmen zurückzuführen seien, nur ein Prozentpunkt sei eine Folge der Konjunkturschwäche bzw. der Witterung. Erstmals liege Österreich deutlich unter 70 Mill. Tonnen – der niedrigste Wert seit 1970 – und damit auf dem Pfad zu den EU-Zielen und zur geplanten Klimaneutralität 2040. „Zahlen wie diese zeigen: Wir schaffen das“, betonte die Ministerin, „mutige Energiepolitik wirkt.“

Rund die Hälfte der Emissionsrückgänge entfiel tatsächlich auf die Bereiche Heizen, Kühlen und Mobilität, in denen mit Milliardenförderungen der Umstieg von Öl und Gasheizungen, Sanierungen, Photovoltaikausbau und öffentlicher Verkehr angekurbelt wurden. Allein im Gebäudesektor sanken die Emissionen im Vorjahr um ein Fünftel. Der massive Umstieg auf erneuerbare Energie ist auch hauptverantwortlich für die verbesserte Treibhausgasbilanz im Vorjahr, wie Auswertungen der Uni Graz zeigen. Und wesentlich dafür verantwortlich seien die gestiegenen fossilen Energiepreise, so Karl Steininger vom Wegener-Center für Klima und Globalen Wandel, wobei der Effekt verzögert eintrete.

Zurückgegangen, wenn auch nur um 3,8 Prozent, sind sie auch im Verkehr. Der ist mit 20 Mill. Tonnen CO2 noch immer das große Sorgenkind. „Der Verkehr ist entscheidend für die Erreichung der Emissionsziele“, sagt Lichtblau. Der CO2-Ausstoß ist zwar gegenüber 2005 um rund 15 Prozent gesunken, liegt allerdings noch immer um 44 Prozent über dem Wert von 1990. Hier müssten „Preissignale und Maßnahmen“ für den Umstieg auf öffentlichen Verkehr Hand in Hand gehen. Mit der CO2-Bepreisung, dem Klimaticket und den Rekordinvestitionen in den Bahnausbau sei vieles passiert, betont Gewessler. Und bekräftigt, dass die im Nationalen Energie- und Klimaplan vorgesehene CO2-Reduktion durch das Aus für klimaschädliche Subventionen nur gelingen werde, wenn auch „große Brocken“ wie Dieselprivileg und die Steuervorteile für Dienstautos angegangen würden.

In dem vom EU-Emissionshandel (ETS) erfassten Segment Industrie und Energie war der Rückgang mit minus 8,3 Prozent auf 24,4 Mill. Tonnen besonders stark. Allein der Erdgasverbrauch in der Energieerzeugung war um 27 Prozent geringer. Der Trend sollte weitergehen, schon weil nach den EU-Plänen bis 2030 jährlich vier bis fünf Prozent der Zertifikate aus dem Markt genommen werden. Eine Abwanderungswelle der Industrie wird nicht erwartet, weil auch andere Weltgegenden Klimaschutz betreiben, sagt Lichtblau. Es sei eine Herausforderung für Europa, die mit Förderungen begleitet werden müsse, „aber unabdingbar“. Die große CO2 -Reduktion in der Industrie werde erst nach 2030 kommen, wenn etwa der Stahlkonzern voestalpine seine Produktion nach und nach auf Storm umstellt.

von Monika Graf

Salzburger Nachrichten