Ein aufgehobener Bescheid für ein Kraftwerk an der Kleinen Mühl könnte vieles ändern
Die Inhaber der Papierfabrik Obermühl Sonnberger GmbH im Bezirk Rohrbach wollten es nicht hinnehmen, dass ihr kleines Kraftwerksprojekt (340 MWh) von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach abgelehnt wurde. In Zeiten von Klimaschutz könne nicht auf diese grüne Energie und eine CO2-Einsparung von mindestens 88 Tonnen im Jahr verzichtet werden. Also beeinspruchte das Unternehmen den Bescheid aufgrund geänderter EU-Gesetze – mit Erfolg.
Das Landesverwaltungsgericht OÖ hob den negativen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach auf und argumentiert – erstmals in dieser Form und Klarheit in Österreich – mit der Erneuerbaren-Richtlinie der EU (RED III) und der EU-Beschleunigungsverordnung für den Ausbau von erneuerbarer Energie. Das könnte für Kleinwasserkraftwerke, aber auch andere Formen von erneuerbarer Energie wie Wind und Sonne und auch für den dafür notwendigen Ausbau der Stromnetze richtungsweisend sein, sagen zwei von den OÖNachrichten befragte Rechtsexperten sowie der Geschäftsführer der Kleinwasserkraft Österreich, Paul Ablinger.
Das Kleinwasserkraftwerk mit Fischaufstiegshilfe und einem 350 Meter langen Rohr, in dem der Großteil des Wassers bis zum Kraftwerk geführt würde, wurde zwei Mal abgelehnt, weil naturschutzrechtliche Argumente und die „Vielfalt, Eigenart, Schönheit der Landschaft“ rechtlich höher bewertet wurden als die Erzeugung erneuerbaren Stroms. Aufgrund der geänderten EU-Gesetzgebung (die großteils noch nicht in nationales Recht umgesetzt ist) entschied das Gericht aber, dass die Anfechtung erfolgreich sei und der Bescheid „ersatzlos aufgehoben“ ist. Gegen diese Entscheidung ist eine Revision unzulässig, heißt es weiter.
Erika Wagner, Linzer Universitätsprofessorin für Umweltrecht und österreichweit anerkannte Expertin für heikle Umweltthematiken, sagt dazu: „Die Entscheidung ist keine hundertprozentige Erfolgsgarantie für solche Projekte, heißt aber für das aktuelle Kleinwasserkraftwerk in Obermühl: zurück an den Start. Die Behörde hat es neu abzuwägen.“
Das könnte jetzt auch bei anderen Projekten so sein, immer aber müssten die naturschutzrechtlichen Argumente in der Abwägung gewichtet werden. Wagner ergänzt, dass sich die einschlägigen EU-Vorschriften auf besonders geschützte Arten oder Lebensräume bezögen, nichtsdestotrotz habe das Gericht auch bei dieser „einfachen“ Naturschutzentscheidung mit „überragendem öffentlichen Interesse“ für den grünen Strom argumentiert. In der Begründung des Gerichts heißt es allerdings: „Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass jedem Kleinkraftwerk ein besonders wichtiges volkswirtschaftliches oder regionalwirtschaftliches Interesse zukommt.“
Umwelt-Rechtsanwalt Berthold Lindner, der die Papierfabrik vertritt, meint optimistisch, durch die Entscheidung würden nun „sinnvolle Projekte“ erleichtert. Abgelehnte Kraftwerksprojekte könnten wieder einen Antrag unter Bezugnahme auf dieses Urteil stellen. Sie hätten gute Chancen, „gerade in Oberösterreich, wo viele Projekte wegen des Landschaftsbildes und dergleichen gescheitert sind“. Für die Energiewende wäre das sehr wichtig, so Lindner.
Einer Potenzialanalyse des Vereins Kleinwasserkraft Österreich zufolge ließen sich rund 1270 bestehende Fluss-Querbauten in Österreich „einfach und rasch zur Kleinwasserkraftnutzung umbauen“. Umweltschützer halten einen solchen weiteren Ausbau für ökologisch sehr bedenklich.
„Die Behörde hat das konkrete Kleinkraftwerk jetzt neu abzuwägen. Das könnte auch bei anderen Projekten so sein.“
Erika Wagner, Universitätsprofessorin Umweltrecht JKU
„Durch diesen Entscheid werden Projekte, gerade in Oberösterreich, wo viele am ,Landschaftsbild‘ gescheitert sind, erleichtert.“
Berthold Lindner, Rechtsanwalt
Oberösterreichische Nachrichten