Ausbaupläne. Die Salzburg AG will ihre erneuerbare Stromproduktion verdoppeln und neue Geschäftsmöglichkeiten nutzen. CEO Michael Baminger schildert, wie das gelingen soll
Wo Strom, Wärme, Wasser, Internet oder E-Mobilität draufsteht, steht in Salzburg in vielen Fällen die Salzburg AG dahinter. Das Unternehmen, das als Energieversorger, Netzbetreiber und Anbieter öffentlicher Verkehrsmittel auftritt, hat im Frühjahr angekündigt, in den nächsten Jahren insgesamt 1,7 Milliarden Euro in die Energiewende zu investieren. Der KURIER hat mit CEO Michael Baminger über die Pläne des Unternehmens gesprochen.
KURIER:Wo steht die Salzburg AG derzeit beim Ausbau erneuerbarer Energien?
Michael Baminger: Erneuerbare Energie ist schon bisher unser Rückgrat. Wir haben neue Projekte in den Bereichen Photovoltaik, Wasser- und Windkraft – in Salzburg, aber auch darüber hinaus, denn regionale Diversifikation ist bei Erneuerbaren wichtig. Wir haben das zuletzt auch in Zahlen gegossen. Heuer allein werden wir insgesamt 350 Millionen Euro in der Gruppe investieren. Von derzeit ein Terawatt Erzeugung wollen wir bis 2040 auf zwei Terawatt kommen. Das ist schon eine Hebeübung.
An welchen konkreten Projekten wird beispielsweise gearbeitet?
Nur einige Beispiele: In Salzburg gibt es unter anderem gerade eine bereits umgesetzte Agri-PV-Anlage und weitere sind am Plan. Bei einem Wasserkraftprojekt bereiten wir gerade die Umweltverträglichkeitsprüfung vor. Ein Windkraftprojekt wurde gerade für die UVP eingereicht. In Deutschland beteiligen wir uns an einem Windparkprojekt, das uns Strom zu unterschiedlichen Zeiten als in Salzburg liefert.
Wie stark ist die Salzburg AG im Wärmebereich von Gas abhängig und wie beurteilen Sie die Versorgungslage?
Die Fernwärme hat fossile Anteile, das ist kein Geheimnis. Aber die Dekarbonisierung ist eine unserer strategischen Ambitionen, etwa mit einem neuen Biomassekraftwerk. Es gibt auch neue Pläne, die Abwärme eines Industriebetriebes zu nutzen. Unsere Gasspeicher sind zu 90 Prozent gefüllt. Wir kaufen Gas aus nicht-russischen Quellen und haben Transportkapazitäten gebucht. Damit fühlen wir uns so sicher, wie wir es sein können in Anbetracht der geopolitischen Entwicklungen, auf die wir keinen Einfluss haben.
Die Salzburg AG unterstützt Privatpersonen bei der Installation von PV-Anlagen und Energiegemeinschaften. Wie profitiert das Unternehmen davon?
Wir sehen das sehr positiv. Durch den Umbau des Energiesystems werden wir so viel Strom brauchen, dass wir uns eher den Gedanken machen müssen, wie wir den Bedarf bedienen können. Wir plädieren dafür, dass PV-Anlagen so dimensioniert sind, dass der Eigenverbrauch möglichst hoch ist. Die Plattform für Energiegemeinschaften sehen wir als Innovation. Wir wollen nicht auf dem Geschäftsmodell für Energieversorger der letzten 150 Jahre stehen bleiben. Wenn sich der Markt entwickelt, müssen wir in Bereichen, wo wir können und dürfen, dabei sein.
Wie gut kommt die Strominfrastruktur in Salzburg mit der Energiewende zurecht?
Es ist uns gelungen, dass wir noch keinen Kunden, der einen Zugang für eine PV-Anlage beantragt hat, ablehnen mussten. Das ist kein Spaziergang, wir investieren viel, damit das so bleibt.
Wie sehr beschäftigt Sie das Thema Energiespeicherung?
Sehr. Wir haben bereits Wärmespeicher im Betrieb, bei denen Power-to-Heat-Anlagen überschüssigen Strom in Wärme umwandeln. Und wir haben Ladestationen mit Puffer-Akkus im Probebetrieb. Wir haben jahrelang aus der Politik gehört: ‚Die Sonne schickt keine Rechnung‘, aber die Kosten stecken im Netz und im Energiesystem. Das auszubauen und ausreichend Flexibilität zu schaffen, ist die Masterclass der Energiewende.
Wie beurteilen Sie als Ladestellenbetreiber die zuletzt gesunkenen Zulassungszahlen von E-Autos?
Wir haben 1.500 Ladepunkte, bei der Nutzung gibt es ein deutliches Wachstum. Menschen sind bei neuen Technologien dabei, wenn sie den Nutzen dahinter verstehen. Ich sehe das bei meiner eigenen Familie. Da herrschte Skepsis, wie man mit Elektroauto und zwei kleinen Kindern in den Urlaub fährt. Aber das funktioniert.
Die Salzburg AG fördert eine Reihe von Start-ups. Wie kann man ihre Tätigkeiten für das Kerngeschäft nutzen?
Wir haben Corporate-Start-ups, die im Haus gebildet werden, ein Investitionsprogramm und wir kaufen Anteile an innovativen Start-ups. Alles dreht sich dabei um die Energiezukunft, etwa wie Betriebe ihre Lieferkette dekarbonisieren oder wie Haushalte Energie sparen können. Was damit einhergeht, ist ein Effekt auf die Firmenkultur. Mit Start-ups wollen wir eine wechselseitige Befruchtung erreichen. Wir integrieren sie nicht, sondern wollen einen guten Austausch mit ihnen.
Fakten
2.600Personen
arbeiten bei der Salzburg AG
Besitzer
Der Energiekonzern gehört dem Land Salzburg (42,56 %), der Stadt Salzburg (31,31 %) und der Energie AG Oberösterreich (26,13 %)
Gegenwind
Im Mai sorgte ein Vandalismusakt für Aufsehen. Eine 80 Meter hohe Messanlage zur Vorbereitung eines Windkraftprojekts der Salzburg AG wurde zum Einsturz gebracht
Kurier