
Stromausfall. Ein großflächiger Stromausfall legte am Montag Spanien, Portugal und Teile Frankreichs lahm. Und führte einmal mehr zur Frage, wie gut Österreich darauf vorbereitet wäre.
Der Horror eines großflächigen Stromausfalls – am Montag wurde er in Spanien, Portugal und Teilen Frankreichs wahr. Millionen Menschen waren betroffen. Der Verkehr kam teilweise zum Erliegen, weil die Ampeln ausfielen. In Madrid wurden Teile der U-Bahn evakuiert, in Lissabon und Porto wurde sie geschlossen, in Barcelona ebenso. Vielerorts funktionierten die Telefondienste nicht mehr, die Geldautomaten auch nicht. Die Unternehmen in Spanien schickten ihre Mitarbeiter nach Hause. Mitte Nachmittag dann die Meldung, dass der Fähr- und Zugverkehr in ganz Spanien unterbrochen sei.
Der spanische Stromnetzbetreiber Red Eléctrica teilte am Nachmittag auf X mit, es sei gelungen, im Norden und im Süden des Landes die Stromversorgung wiederherzustellen. „Alle Pläne zur Wiederherstellung der Energieversorgung wurden aktiviert – in Zusammenarbeit mit den europäischen Energieproduzenten und Betreibern“, fügte der portugiesische Netzbetreiber REN hinzu.
Technische Ursache
Mehrere Stunden warten ließ indes die Antwort auf die Frage, warum und wie dieser Blackout passieren konnte. Auch ein Cyberangriff wurde zunächst nicht ausgeschlossen – Spaniens nationale Cybersicherheitsbehörde INCIBE untersuchte diese Version, wie die Zeitung „El País“ schrieb. Experten gingen in einer ersten Reaktion allerdings von einem Problem mit der Netzsynchronisierung zwischen den Stromsystemen Spaniens und Portugals aus. Am späten Nachmittag dann teilte REN mit, dass es aufgrund der extremen Temperaturschwankungen im Landesinneren Spaniens zu anomalen Schwingungen in den Hochspannungsleitungen (44 KV) gekommen sei – ein Phänomen, das als „induzierte atmosphärische Schwingungen“ bekannt ist. Weil das Phänomen sehr komplex sei und die Notwendigkeit bestehe, die Stromflüsse auf internationaler Ebene wieder ins Gleichgewicht zu bringen, schätze man, dass die vollständige Normalisierung des Netzes bis zu einer Woche dauern könnte.
Die Gefahr, dass sich die aktuellen Ausfälle nach Österreich ausbreiten, sehe er derzeit nicht, sagte Krisenvorsorgeexperte Herbert Saurugg zur Nachrichtenagentur APA. Längere Ausfälle hätten aber auch Auswirkungen auf Lieferketten. Wie weitreichend die Folgen sind, hänge davon ab, wie lange der Stromausfall dauert und inwiefern die Logistik betroffen ist. Wenn es für mehrere Stunden keine Elektrizität gibt, würde sich das etwa in der Autoindustrie bemerkbar machen, wo man auch auf „Just-in-Time-Produktion“ setzt. Selbst wenn der Ausfall beendet ist, könne es noch länger dauern, bis alle Systeme wieder laufen, wie sich beispielsweise am britischen Flughafen Heathrow im März gezeigt habe, so Saurugg.
„Thema endlich ernst nehmen“
Ein landesweiter Stromausfall wie am Montag ist für ein europäisches Land allemal sehr ungewöhnlich. Im Jahr 2003 gab es in Italien den schlimmsten Stromausfall seit mehr als einem halben Jahrhundert, als ein Zusammenbruch von Stromleitungen aus den Nachbarländern das ganze Land mit Ausnahme der Insel Sardinien betraf. In London kam es 2018 zu einem größeren Stromausfall.
Vor diesem und dem aktuellen Hintergrund mahnt Krisenvorsorgeexperte Herbert Saurugg erneut zu einer besseren Vorbereitung in Österreich. „Man muss das Thema endlich ernst nehmen“. Bevölkerung, Organisationen und Betriebe müssen wissen, wie sie im Ernstfall handeln. „Die Bevölkerung muss in der Lage sein, sich selbst zu helfen.“ Jeder Einzelne sollte sich etwa zwei Wochen selbst versorgen können.
Rechnungshof sieht Mängel
Aber auch Unternehmen und Organisationen müssten sich besser vorbereiten, etwa mit einem Leitfaden, den die Sozialpartner zum Thema herausgegeben haben. „Jede Organisation sollte wissen, welche Probleme zu erwarten sind und wie man Schäden reduzieren kann“, so Saurugg. Auch auf nationaler Ebene brauche es eine bessere Koordination. Der Rechnungshof habe im Jänner kritisiert, dass es im Fall eines Blackouts keine gesamtstaatliche Vorgehensweise gibt.
Dabei schrammte auch Österreich schon einmal an einem Blackout vorbei. Vor gut vier Jahren hatte ein einzelnes überlastetes Umspannwerk im Nordosten Kroatiens das gesamte europäische Stromnetz an den Rand desBlackoutsgeführt. Der totale Stromausfall konnte damals zwar verhindert werden, doch schon die Schwankungen im Netz haben zu teilweise beträchtlichen Schäden geführt. Etwa zur selben Zeit, am 8.Jänner 2021, hat die plötzliche Teilung des europäischen Stromnetzes zwar nicht zu einem totalen Blackout geführt, aber doch dazu, dass in Westeuropa kurzfristig Strommangel herrschte und die Frequenz unter die üblichen 50 Hertz absank. Insgesamt nehmen die Schwankungen im Netz zu, wofür Kritiker den massiven Ausbau von Wind- und Solaranlagen verantwortlich machen, die in ihrer Produktionsleistung je nach Wetterlage enorm schwanken.
Notfall-Plan im Handel
Die Unternehmer fordern die Regierung auf, die Netze schneller auszubauen und für eine stabile Stromproduktion zu sorgen. Und sie bauen selbst mit Notversorgungssystemen vor. So haben der österreichische Handel im November 2022 – auch unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine, deren Stromnetz mit dem europäischen synchronisiert ist – einen „Blackout-Notfall-Plan“ entwickelt, der die Lebensmittelversorgung bei einem Stromausfall sicherstellen soll. Demnach blieben am ersten Tag des Blackouts die Geschäfte geschlossen. Am zweiten Tag würden Sackerln mit Frischhalteprodukten ausgeteilt. Zusätzlich würden Sackerl mit haltbarem Brot, Konserven, Babyartikeln und Kerzen – wohlgemerkt gegen Barzahlung! – verkauft. Ab dem dritten Tag gibt es laut dem Plan des heimischen Handels dann nur noch trockene Lebensmittel.
von Eduard Steiner
Die Presse