
Sabotageverdacht. Funkmodule rufen US-Ermittler auf den Plan. Hubert Fechner Photovoltaik-Experte
US-Behörden gehen dem Verdacht nach, ob über chinesische Bauteile in Solaranlagen das Stromnetz sabotiert werden könnte. Anlass dafür sind verdächtige Funkmodule aus China, die in Wechselrichtern in PV-Anlagen gefunden wurden.
Wechselrichter wandeln den Strom aus Solarmodulen von Gleitstrom zu Wechselstrom. Sie steuern auch, ob der Strom in das Stromnetz eingespeist oder im Haushalt verbraucht wird. Zwar sind solche Wechselrichter so konstruiert, dass ein Fernzugriff etwa für Updates prinzipiell möglich ist. Die konkreten Funkmodule waren aber nicht in den Produktunterlagen dokumentiert. Sie sollen zusätzliche Kommunikationskanäle bieten, über die Schutzmechanismen umgangen werden können. Im schlimmsten Fall könnten die Komponenten auch dazu genutzt werden, um ein Blackout zu verursachen, heißt es. Werden sie aus der Ferne gesammelt abgeschaltet, könnte ein Spannungsabfall verursacht werden. Ein kurzfristiger Spannungsabfall war auch die Ursache für das Blackout in Spanien und Portugal Ende April. Die US-Energiebehörde ist gerade dabei, das Risiko zu bewerten. Ein Ergebnis liegt noch nicht vor.
Verwundbar
Aus der Ferne lasse sich das nicht beurteilen, sagt Hubert Fechner, Vorstand der Technologieplattform Photovoltaik Austria. Tatsache sei, dass die PV-Infrastruktur mittlerweile zu den zentralen kritischen Infrastrukturen zählt und eine gewisse Vulnerabilität aufweise. Eine Gefahr für die Stabilität des Stromnetzes sei durch die Manipulation von Komponenten jedenfalls gegeben. Was den konkreten Verdacht betrifft, ist Fechner skeptisch. Möglich sei, dass er bewusst in die Welt gesetzt werde. Etwa um auf das Thema hinzuweisen.
Der Branchenverband European Solar Manufacturing Council schätzt, dass über 200 GW der europäischen Solarstromkapazität von insgesamt 338 GW mit chinesischen Wechselrichtern verbunden sind. Bereits die Kontrolle über drei bis vier GW könnte laut Experten ausreichen, um eine weitreichende Unterbrechung der Stromversorgung zu verursachen. In Deutschland und den Niederlanden werden bereits Rufe laut, chinesische Komponenten aus kritischer Infrastruktur auszuschließen. Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauss, Geschäftsführerin des Wechselrichterherstellers Fronius, spricht sich für eine Risikoanalyse im Hinblick auf mögliche Sabotage und eine Liste von vertrauenswürdigen Herstellern aus.
In Österreich tritt ab Juni ein „Made in Europe“-Bonus für PV-Anlagen in Kraft, die europäische Komponenten verbaut haben. Engelbrecht-Strauss sieht darin einen Beitrag zum Schutz europäischer Hersteller vor unfairem Wettbewerb aus China. Hersteller aus Fernost hätten in den vergangenen Jahren den Markt mit Produkten – teilweise mit Preisen unter Material- und Herstellungskosten – überschwemmt. Auch PV-Experte Fechner begrüßt den Bonus: Europa müsse seine technologische Souveränität im Bereich der Photovoltaik zurückgewinnen.
„Tatsache ist, dass die PV-Infrastruktur eine gewisse Vulnerabilität aufweist.“
Hubert Fechner Photovoltaik-Experte
Kurier