OECD warnt: Teure Energie als Standortrisiko

4. Dezember 2025, Wien

Österreichs Wirtschaft kämpft sich langsam aus der Flaute. Vor allem teure Energie bremst den Aufschwung. Die Schuldenquote steigt weiter, eine stärkere Konsolidierung könnte die ohnehin schwache Erholung zusätzlich bremsen.



Die OECD erwartet für Österreich in ihrem am Dienstag veröffentlichten „Economic Outlook“ nur eine sehr zaghafte wirtschaftliche Erholung. Nach zwei Jahren rückläufiger Wirtschaftsleistung soll das Bruttoinlandsprodukt 2025 um 0,3 Prozent wachsen, 2026 um 0,9 und 2027 um 1,2 Prozent. Von einem kräftigen Aufschwung kann also keine Rede sein.
Getragen wird die Erholung erst spät von den Haushalten: Der private Konsum bleibt vorerst schwach, weil die Österreicherinnen und Österreicher weiterhin viel sparen. Erst 2026 und 2027 soll der Verbrauch spürbarer anziehen – dann stützen steigende Reallöhne, eine robuste Beschäftigung und sinkende Inflation die Kaufkraft. Die im November auf 4,1 Prozent gestiegene Inflation bleibt zunächst erhöht, soll aber bis Ende 2027 in Richtung zwei Prozent zurückgehen.


Exportwirtschaft unter Druck


Dieses Jahr zeigt sich noch das Bild einer fragilen Konjunktur: Nach einem kleinen Plus von 0,2 Prozent im ersten Quartal 2025 schrumpfte die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal um 0,1 Prozent. Die Industrie und der Dienstleistungssektor liefern die wenigen Wachstumsimpulse, auf der Nachfrageseite ist es vor allem die Investitionstätigkeit. Ab 2026 sollen die Investitionen wieder ansteigen und von niedrigeren Zinsen sowie dem Kapitalersatzbedarf profitieren.


Der Arbeitsmarkt erweist sich trotz Flaute als erstaunlich widerstandsfähig: Die Arbeitslosenquote stagniert bei knapp sechs Prozent, die Löhne wachsen weiter moderat, heißt es in der OECD-Prognose. Starken Gegenwind sieht die Organisation von außen. Als sehr offene Volkswirtschaft ist Österreich stark in europäische Wertschöpfungsketten eingebunden. Die US-Zölle auf EU-Güter dürften die Exporte spürbar treffen – direkt, weil die USA für rund acht Prozent der Warenausfuhren stehen, und indirekt über die Partnerländer, in deren Produktion österreichische Vorleistungen eingehen.


Österreichs indirekte Abhängigkeit von Exporten ist signifikant: 21 Prozent der heimischen Exporte dienen als Inputgüter für Exporte ausländischer Partner. Viele OECD-Länder, insbesondere in Europa, spüren die indirekten Auswirkungen der US-Zölle und der verlangsamten Nachfrage in Schlüsselmärkten wie Deutschland. Eine Verlängerung der Krise im deutschen Automobilsektor oder zusätzliche Zollerhöhungen könnten Österreichs Wachstum zusätzlich untergraben.


Strom 40 Prozent teurer


Gleichzeitig drücken hohe Energiepreise weiterhin die Wettbewerbsfähigkeit: Vor allem die Strompreise für die Industrie liegen noch deutlich – rund 40 Prozent – über dem Niveau vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Das belastet gerade energieintensive Branchen wie Chemie, Metall oder Papier und drückt auf Investitionen in Österreich, weil sich Produktionsverlagerungen in Länder mit niedrigeren Preisen zunehmend rechnen.


Die Wettbewerbsfähigkeit könnte durch die Senkung der Industriestrompreise verbessert werden, betonen die OECD-Ökonomen in ihrem Bericht. Hierzu sollte die Politik darauf abzielen, dass die Ausschreibungsverfahren für Energieversorger auf nationaler Ebene und nicht auf Länderebene durchgeführt werden. Ein stärker integrierter nationaler Markt mit mehr Wettbewerb und besser vergleichbaren Tarifen könnte aus Sicht der Organisation helfen, Preise zu drücken und die Verhandlungsposition der Industrie zu verbessern.


Zentral wäre dabei, die Transparenz über Netzentgelte, Abgaben und Zuschläge zu erhöhen und gleichzeitig langfristige Preis- und Investitionssignale zu setzen, damit Unternehmen Planungssicherheit für die Transformation hin zu klimaneutralen Produktionsprozessen bekommen.


Die OECD betont, dass zielgerichtete Entlastungen für besonders betroffene energieintensive Betriebe sinnvoller sind als breit gestreute Dauersubventionen, die den Staatshaushalt belasten, Fehlanreize setzen und Investitionen in Effizienz bremsen können. Mittelfristig müsse Österreich daher stärker auf Energieeffizienz, Netzausbau, erneuerbare Erzeugung und schnellere Genehmigungsverfahren setzen. Gelingt es nicht, die Energiekosten in den Griff zu bekommen, drohen eine schleichende Deindustrialisierung und ein dauerhaft schwächeres Wachstum als in vergleichbaren EU-Ländern.


Schuldenquote steigt weiter


Finanzpolitisch befindet sich Österreich laut OECD auf einem moderaten Konsolidierungskurs. Das Defizit von 4,7 Prozent des BIP im Jahr 2024 soll schrittweise auf unter drei Prozent bis 2028 sinken, getragen von gezielten Ausgabenkürzungen sowie höheren Einnahmen – genannt werden Energie- und Bankenabgaben, Dividendensteuern und höhere Gesundheitsbeiträge für Pensionisten.


Gleichzeitig werden jedoch Schuldenstand und Zinslast weiter steigen. Bis 2027 könnte dem Report zufolge die Schuldenquote nach Maastricht-Kriterien von heute 82,4 auf dann 86,4 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen. Die OECD warnt, dass eine stärkere Konsolidierung die ohnehin schwache Erholung zusätzlich bremsen könnte.

Von David Freudenthaler

Die Presse