Dauerhaft kein billiger Strom in Sicht

31. Dezember 2025

Strommarktgesetz neu: Laut Berechnungen des Consultingunternehmens e-venture wird ein österreichischer Durchschnittshaushalt 2026 unterm Strich fünf Prozent weniger für Strom zahlen, danach um einiges mehr.

Das neue Strommarktgesetz, das von der Bundesregierung einmal als „Günstiger-Strom-Gesetz“ und das andere Mal als „Billigstromgesetz“ bezeichnet wird, ist noch nicht in Kraft – schon gibt es Analysen, was davon zu halten ist. Eine eben fertiggestellte stammt vom Consultingunternehmen e-venture.

Demnach ist die am schnellsten wirksame Maßnahme im Kontext des neuen Strommarktgesetzes die Reduktion der Stromsteuer. Die Elektrizitätsabgabe wird 2026 von 1,5 Cent auf das EU-rechtliche Minimum von 0,1 Cent je Kilowattstunde (kWh) gesenkt. „Einschließlich der Umsatzsteuer hat das eine Wirkung von 1,7 Cent je kWh auf den Haushaltsstrompreis“, sagt Florian Haslauer, Partner und Geschäftsführer des in Berlin beheimateten Consultingunternehmens.

Was heißt das für einen Durchschnittshaushalt in Österreich? „Bei gleichem Verbrauchsverhalten und gleichem Anbieter eine um rund fünf Prozent niedrigere Stromrechnung im kommenden Jahr“, sagt Haslauer im Gespräch mit dem STANDARD. 2027 würde die Wirkung jedoch verpuffen, weil die Reduktion laut Plan der Regierung nur für 2026 gelten soll.

Gestaffelt wirksam
Einige Kernmaßnahmen des Strommarktgesetzes treten mit 1. Jänner in Kraft. Neben der Senkung der Stromsteuer gehört auch die „Preis-Runter-Garantie“ dazu, wonach Energieversorger sinkende Strom-Großhandelspreise innerhalb von sechs Monaten an Endkunden weitergeben müssen. Weitere Bestandteile des Gesetzes wie der Sozialtarif (sechs Cent je kWh für einkommensschwache Haushalte) und neue Regeln für Energiegemeinschaften folgen ab April bzw. Oktober 2026. Bestimmte strukturelle Änderungen wie neue Netzentgeltberechnungen sind für Jänner 2027 geplant.
Weil mit dem Strommarktgesetz in Länderrechte eingegriffen wird und ÖVP, SPÖ sowie Neos für die Beschlussfassung eine Oppositionspartei brauchten, gab es ein hartes Ringen. Nach Zugeständnissen waren es die Grünen, die der Regierung zur Zweidrittel-Mehrheit verhalfen. Genau diese Zugeständnisse werfen laut e-venture einen Schatten auf das Ganze. „Es gibt viele Maßnahmen, die die Beteiligung der Bürger an der Energiewende attraktiver machen sollen“, sagt Haslauer. Dazu gehörten Vereinfachungen beim Stromaustausch in Energiegemeinschaften oder die Möglichkeit, selbst erzeugten Strom direkt zwischen Privatpersonen oder Unternehmen zu handeln. Tauschten A und B direkt Strom, sei das mit geringeren oder gar keinen Netzgebühren verbunden. Dafür müssten andere mehr bezahlen.
„Die geplant gewesene stärkere Beteiligung der Prosumer (Personen, die selbst Strom produzieren und konsumieren; Anm.) an den Netzkosten, die durch den Eigenverbrauch stark durch viel geringere Netzkosten profitieren, ist rausgefallen“, sagt Haslauer. „Betroffen sind nur größere Anlagen mit mehr als 20 Kilowatt Leistung“. Der vorgesehene Netzbeitrag von 0,05 Cent je kWh sei ohnehin zu gering, um eine Wirkung auf die Netzgebühren zu haben. Haslauer: „Ein ursprünglich richtiger Ansatz ist damit ins Gegenteil verkehrt worden“.

Die Spitzenkappung für Photovoltaik und Wind wird nach Einschätzung von e-venture Investitionen in das Verteilnetz reduzieren, was eine dämpfende Wirkung auf die Netztarife habe. Das wirke aber erst langfristig, weil nur neue Anlagen betroffen sind. Haslauer geht davon aus, dass die Netzgebühren bis 2030 um rund 40 Prozent steigen. Erst danach sollte sich der Anstieg abflachen.


Bei der Energiekomponente, die etwa ein Drittel der Stromrechnung ausmacht, rechnet Haslauer mit einem leichten Rückgang in den kommenden Jahren. Dies aber nur dann, wenn das Merit-Order-Prinzip beibehalten wird, wonach das gerade noch benötigte teuerste Kraftwerk den Preis für alle bestimmt.


Nur so könnten die niedrigen Grenzkosten der steigenden Erneuerbaren-Erzeugung ihre Wirkung auf den Strompreis entfalten. Die Ankündigung der Regierung, sich in Brüssel für eine Abkehr vom jetzigen Preisbildungsmechanismus einzusetzen, sei „kontraproduktiv“ und habe auch keine Aussicht auf Erfolg.


Es ist noch nicht lange her, dass die EU-Kommission nach eingehender Prüfung das jetzige Marktmodell bestätigt hat.

Der Standard