Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) will neben der in der Koalition nun paktierten Strompreisbremse auch weitere Heizenergieträger entlasten. Im finalen ORF-„Sommergepräch“ am Montagabend nannte er einerseits einen Gaspreisdeckel auf europäischer Ebene, andererseits aber auch eine Abfederung für jene, die mit Pellets oder Öl heizen. Auch der Industrie versprach er weitere Entlastungen. Bei der Besteuerung von Übergewinnen von Energiekonzernen fehlt ihm ein anwendbares Modell.
Nehammer betonte, dass er – wie auch in der Coronakrise – Mut machen wolle. Man nehme die Sorgen der Menschen ernst und habe etwa geschafft, die Gasspeicher zu füllen und damit für den Winter vorbereitet zu sein. Die Strompreisbremse – angelegt auf ein Jahr, wie er erklärte – verteidigte er als kreative Lösung, und dass sie zu wenig zwischen Arm und Reich differenziere, wies er zurück. Man wollte ein unkompliziertes, antragsloses Modell, betonte er. Zudem werde es etwa für Mehrpersonenhaushalte ein zusätzliches Antragsmodell geben.
Zum Thema Übergewinnsteuer, von ihm selbst im Mai angeregt, meinte er nun, dass diese „schlau gemacht“ werden müsse. Es gebe international auch Beispiele, die nicht funktioniert hätten, und man dürfe Investitionen in Erneuerbare Energie nicht gefährden: „Also ja, wir überlegen es, haben aber noch kein Modell gefunden, das so ist, dass es unmittelbar anwendbar ist.“
Zudem müsse man sich die Energieerzeuger in Österreich in ihrer Vielfalt ansehen, denn soeben habe man erst die Wien Energie vor der Zahlungsunfähigkeit bewahren müssen. Dass die ÖVP hier parteipolitisch agiert habe, indem sie einen „SPÖ-Skandal“ aus dem Roten Wien angeprangert hatte, ließ Nehammer nicht gelten. Angesprochen darauf, ob er wohl gegenüber der Salzburg AG bei einer ähnlichen Krise ähnlich agiert hätte, meinte er, dass bei der dortigen Landesregierung und bei Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) das Krisenmanagement ein deutlich anderes wäre als jenes, das er jetzt aus Wien kennengelernt habe. Aber: „Ich schätze auch den Bürgermeister von Wien.“
Zur Hauptursache der Energiekrise, nämlich der russischen Invasion in der Ukraine, formulierte er – anders als auch einige Stimmen aus seiner eigenen Partei – ein deutliches Bekenntnis zu den Russland-Sanktionen. Denn wenn man das Unrecht geschehen lasse, wer gebe einem dann die Garantie, dass man nicht trotzdem am Gängelband bleibe, fragte er. Ziel sei immer die Schwächung des Invasors gewesen, und klar sei, dass die Sanktionen dem anderen mehr wehtun müssten als einem selbst. Sanktionen gegen Erdgas, Düngemittel, Ölsaaten oder Mais habe es jedenfalls nie gegeben.
Äußerst zurückhaltend äußerte sich der Kanzler in Klimaschutzfragen. Dass Österreich vor allem bei der Reduktion der CO2-Emissionen weit zurückliege, wischte er weg. „Zum einen wird in Österreich das Klima auch geschützt ohne Klimaschutzgesetz“, meinte er zur Frage zu den ausständigen verbindlichen Vorgaben. Dass das Land hier zurückliege, wertete er als „Schlechtreden von Österreich“. Seine Prioritäten sehe er in der Energieversorgungssicherheit und in der Reduktion der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern.
Wenig Neues ließ der ÖVP-Chef zu den vielfältigen Skandalen und Ermittlungen gegen seine Partei und deren (frühere) Spitzenrepräsentanten hören. Gelassenheit demonstrierte er auch bezüglich der Zweifel des Rechnungshofs an der ÖVP-Bilanz für das Wahljahr 2019. Im August habe hier eine weitere Prüfung begonnen, da gebe es volle Kooperation. Dass es hier für ihn, der damals verantwortlicher ÖVP-Generalsekretär war, Anlass für persönliche Konsequenzen geben könnte, beantwortete er mit einem klaren „Nein“.
APA