Der Staat profitiert von hohen Energiepreise über Umwege. Statt in die Preise einzugreifen, teilt er lieber Förderungen aus
Der Staat mag sich ja manchmal knausrig geben, aber in den Krisen der vergangenen Jahre wurde bei Förderungen an Unternehmen eher geklotzt denn gekleckert. In der Pandemie war Österreich bekannterweise jener Staat mit den höchsten Zuschüssen in Europa, und auch in der Inflationskrise wurde viel Steuergeld verteilt. Laut dem Brüsseler Thinktank Breugel ist Österreich das Land mit den dritthöchsten Ausgaben bei Hilfen für Betriebe und Haushalte gemessen an der Wirtschaftsleistung.
Ein großer Teil dieser Hilfen ist schon 2022 geflossen, zu den letzten großen Brocken gehört aktuell noch der Energiekostenzuschuss. Mit diesem Zuschuss nimmt der Staat Unternehmen einen Teil ihrer erhöhten Kosten für Strom, Gas aber auch Sprit ab. Die Hilfen werden für 2023 ausbezahlt, im Dezember endete die Beantragungsphase. Zahlen aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung des Wirtschaftsministeriums an die SPÖ und von der Förderbank AWS geben nun Aufschluss darüber, wie viel Geld tatsächlich geflossen ist. Demnach sind bisher von Unternehmen bei der Förderbank AWS 24.000 Anträge auf den Zuschuss eingegangen, bis auf rund 300 wurden auch schon alle bewilligt. Zugesagte Fördersummen: 1,58 Milliarden Euro bisher, das liegt etwas unter den Annahmen im Budget des Finanzministers. Tatsächlich ausbezahlt wurden schon rund 400 Millionen.
Zum Vergleich: Das Budget des Bundes für Kunst und Kultur liegt heuer bei etwa 700 Millionen Euro.
Durch den Zuschuss können sich Betriebe bis zur Hälfte ihrer erhöhten Energierechnungen vom Staat abnehmen lassen, wobei das Vergleichsjahr für die Preise 2021 ist. In der einfachsten Variante können sich Unternehmen bis zu zwei Millionen Euro an Zuschuss holen.
Im Schnitt wurden an die Betriebe etwa 66.700 Euro an Förderung ausbezahlt. Um an dieses Gel zu kommen, waren keine größeren Nachweise notwendig, die Unternehmen mussten keine Verluste machen. Eine kleine Gruppe von Betrieben, rund 240, konnte mit einer Fördersumme von 460 Millionen Euro fast ein Drittel des gesamten Kuchens auf sich vereinen. Dabei dürfte es sich um einige größere Industriebetriebe handeln, von denen einige Verlust geschrieben haben – in diesen Fällen lag der maximale Förderrahmen deutlich über der Zwei-Millionen-Euro-Grenze.
Die Beihilfe selbst ist aus mehreren Gründen Gegenstand von intensiven Debatten gewesen. Einerseits, weil viele Unternehmen ihre Preise für Konsumentinnen und Konsumenten angehoben haben, um mit höheren Kosten für Energie umzugehen. Laut dem Wirtschaftsministerium wurden nur von 208 Unternehmen Anträge gestellt, die angaben, sich in roten Zahlen zu befinden. Werden hier bei den anderen am Ende Gewinne mitgefördert?
Ebenso interessant ist, warum der Energiekostenzuschuss 2023 überhaupt so hoch ausgefallen ist. Die Strompreise sind im vergangenen Jahr gefallen, gut ablesbar ist die Entwicklung an der Strompreisentwicklung der Börse EPEX Spot für Österreich. 2022 lag der Preis für die Megawattstunde Strom zwischen 200 und 400 Euro, mit Spitzen weit über 700 Euro. Im vergangenen Jahr pendelten die Preise zwischen 50 und 150 Euro.
Doch davon ist bei den heimischen Kunden nichts angekommen. Die Regulierungsbehörde E-Control hat am Dienstag auf ihrer Website die Energiepreise für das zweite Halbjahr 2023 veröffentlicht. Dabei zeigt sich, dass die Preise für Stromkunden im vergangenen Jahr sogar über den Preisen 2022 gelegen sind. Der Energiepreis, ohne Steuern und Abgaben sowie Netzgebühren, lag im zweiten Halbjahr 2023 für Betriebe bei 18,4 Cent je Kilowattstunde. Im zweiten Halbjahr 2022 waren es 16 Cent gewesen. Bei den Haushalten waren es im zweiten Halbjahr 2022 etwa 13 Cent gewesen, im zweiten Halbjahr 2023 dagegen schon beinahe das Doppelte, 22 Cent. Die E-Control erhebt diese Zahlen mittels Befragungen bei den Versorgern und zeigt die Durchschnittspreise.
Mehrere Interpretationen
Diese Zahlen lassen mehrere Interpretationen zu. Eine lautet: Die Energieversorger belassen ihre Preise hoch, und mit den Gewinnen bezahlt der Staat dann diverse Förderungen wie den erwähnten Energiekostenzuschuss für Betriebe aus oder finanziert die Energiekostenbremse für Haushalte. Der Staat profitiert ja von den Gewinnen der Energieunternehmen: Einerseits weil die Landesversorger den Ländern ganz oder mehrheitlich gehören. Sie naschen also mit. Außerdem gibt es in Österreich eine Übergewinnsteuer, um einen Teil der Extragewinne bei Versorgern abzuschöpfen. Die Beihilfen wären demnach auch ein Grund, dass Energieversorger ihre Preise hoch belassen können. Am Ende des Tages wäre es aus Sicht der Konsumenten einfacher, sie würden gleich weniger zahlen und nicht zuerst Geld an Versorger überweisen, das dann über Umwege zurückkommt.
Der Chefökonom der E-Control, Johannes Mayer, formuliert diplomatisch, dass solche Überlegungen eine Rolle spielen dürften bei Preisgestaltung mancher Landesversorger. Als Hauptgrund dafür, dass die Preise in Österreich hoch blieben, nennt er aber das Einkaufsverhalten der Unternehmen. Die Energieversorger kaufen einen Teil ihres Bedarfs zwei Jahre im Voraus, sagt Mayer. Der Anstieg 2022 wirke demnach lange nach.
Der Standard