EU-Vertragsverletzungsverfahren u.a. wegen Isel-Projekten

24. November 2021, Wien/Brüssel

Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich, unter anderem wegen den Isel-Kraftwerksprojekten in Osttirol, aber auch wegen möglicher Verstöße gegen die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) in Naturschutzgebieten in weiteren Bundesländern, angekündigt. Auslöser dafür war eine Beschwerde des WWF gegen die drohende Verbauung der Osttiroler Isel. Tirols LHStv. Ingrid Felipe (Grüne) verwies auf den „besonderen Schutz“ des Flusses.

In einem der APA vorliegenden Schreiben kommt die EU-Kommission aufgrund der WWF-Beschwerde vom 14. Oktober 2020 nunmehr zum Schluss, dass im Falle der Isel-Projekte „ausreichend Anhaltspunkte bestehen, um von einem Verstoß Österreichs gegen die FFH-Richtlinien ausgehen zu können“. Allerdings sei es laut der EU-Kommission wenig zielführend, ein separates Vertragsverletzungsverfahren zum Schutzgebiet in Osttirol einzuleiten. Man plane vielmehr ein „umfassenderes Vertragsverletzungsverfahren“, das mehrere Schutzgebiete in verschiedenen österreichischen Bundesländern zum Gegenstand habe.

Der WWF nutzte das Schreiben der EU-Kommission dazu, um in einer Aussendung eine Naturschutzoffensive in allen Bundesländern einfordern. Es brauche darüber hinaus eine „verbindliche nationale Biodiversitätsstrategie“, die mit einem „starken Aktionsplan“ kombiniert werden solle. Im konkreten Anlassfall in Osttirol sieht der WWF-Naturschutzexperte Christoph Walder jedenfalls nur eine „lückenhafte“ Ausweisung des Schutzgebietes der Osttiroler Gletscherflüsse von Seiten des Landes Tirol.

Der „Weckruf“ aus Brüssel müsse jetzt zu einem effektiven und flächendeckenden Schutz des gesamten Gletscherflusssystems rund um die Isel führen, so Walder weiter. Neue Kraftwerksvorhaben im Iselgebiet seien nach der erfolgten Rückmeldung der EU-Kommission laut Walder „undenkbar“.

Die Isel und Teile ihrer Zubringerflüsse war im Jahr 2015 als Natura-2000-Schutzgebiet ausgewiesen worden. Nichtsdestotrotz ortete der WWF eine immer stärkere Verbauung ihres Einzugsgebietes. Mit der Ankündigung der EU-Beschwerde, die nunmehr zu einem Vertragsverletzungsverfahren führen kann, prangerte der WWF im Juli 2020 an, dass gleich sechs Kraftwerksprojekten an den Isel-Zubringern forciert würden, eines sogar direkt am Hauptfluss. Dieser „Wildwuchs an Kraftwerksvorhaben“ in Osttirol bedrohe eines der letzten großen Gletscherflusssysteme der Alpen, hieß es damals.

Felipe verwies gegenüber der APA darauf, dass das Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Österreich wegen unzureichender Ausweisung von Natura-2000-Flächen im Juli 2019 eingestellt wurde. „Auch Tirol hat dabei entsprechend der Forderung der EU mehrere Natura-2000-Gebiete gemeldet“. Die Isel stehe seither „vom Ursprung bis zu ihrer Mündung in die Drau unter besonderem europarechtlichen Schutz“.

Zur nunmehr angekündigten Vorbereitung eines neuerlichen Verfahrens könne man „derzeit wenig sagen“, da weder die Beschwerdegründe im Detail bekannt seien noch „die Gründe, warum die Europäische Kommission davon ausgeht, dass die Vorgaben der Habitat Richtlinie nicht eingehalten worden seien“. Sollte Österreich zu einer Stellungnahme aufgefordert werden, werde man dem „selbstverständlich nachkommen und unseren fachlichen Beitrag dazu leisten“, sagte die für Umwelt- und Klimaschutz zuständige Landesrätin.

APA

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