Biobasiertes Kunststoffmolekül aus Lignin soll Öl ersetzen

25. November 2021, Graz
Bei der Papierherstellung fallen große Mengen Lignin als Abfall an
 - Saint-Mars-la-Brière, APA/AFP

Bei der Verarbeitung von Holz zu Papier fallen riesige Mengen von Lignin als Abfallprodukt an, die aktuell größtenteils verbrannt werden. Forschende an der Universität Graz haben nun jedoch eine katalytische Methode entwickelt, die damit die Herstellung von chemischen Bausteinen für Kunststoffe ermöglicht. Diese Polymere könnten im Autobau eingesetzt werden, teilte die steirische Universität am Mittwoch mit.

Die Papierindustrie spaltet Holz in seine Bestandteile und produziert daraus Zellstoff, Papier und Karton. Dabei fallen weltweit jährlich rund 50 Millionen Tonnen Lignin – ein Stoff aus der pflanzlichen Zellwand, der die Zellen verholzen lässt – als Abfall an. Zur Schonung von Umwelt und Ressourcen rückt dieser bisher meist energetisch genutzte Bestandteil nunmehr ins Rampenlicht der Forschung: Ligninbasierte Materialien sollen Bestandteile aus fossilen Rohstoffen wie etwa Erdöl ersetzen und der Produktions-Reststoff Lignin soll möglichst sinnvoll weiterverwendet werden.

Effiziente Methode

„Es ist uns gelungen, aus Lignin-Mischungen ein spezielles hochwertiges Diamin zu gewinnen, eine Stickstoffverbindung, die in der Industrie eine wichtige Rolle spielt“, berichtete Katalin Barta, Chemikerin an der Universität Graz. Die Forscherin hat mit ihrem Team das entsprechende Molekül über eine Reihe von katalytischen Prozessen erhalten und dann eine vielversprechende Polymerklasse herstellen können. „Deren Eigenschaften deuten darauf hin, dass sie als widerstandsfähige Kunststoffe dienen könnten, mit vielfältigen Einsatzmöglichkeiten, wie zum Beispiel für Karosserie-Teile“, erklärte die Chemikerin. Publiziert wurden die Forschungsergebnisse in der jüngsten Ausgabe des Fachjournals „Chem Catalysis“.

Die Methode sei sehr effizient, gewährleiste eine einfache Produktion und lasse sich eventuell auch im industriellen Maßstab anwenden, hofft die Chemikerin, die vor rund einem Jahr von der niederländischen Universität Groningen mit einem ERC Starting Grant in der Höhe von 1,5 Millionen Euro im Gepäck nach Graz gewechselt ist. Ein besonderer Fokus der Forschung der gebürtigen Slowakin, die in Aachen promovierte, liegt auf der Katalyse von Biomasse mit dem Ziel, dass weniger Nebenprodukte entstehen, Reaktionsprozesse effizienter ablaufen und schließlich der Einsatz fossiler Substanzen reduziert wird.

Eine von ihrem Team entwickelte „grüne“ Methode zur Aufspaltung von Holz in Cellulose und Lignin wurde bereits im September dieses Jahres im Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht. Statt organischer Lösungsmittel, die CO2-intensiv und toxisch sind, hat die Chemikerin einen Weg gefunden, wiederverwendbare alternative Lösungsmittel aus erneuerbaren Ressourcen einzusetzen.

Service: X. Wu, M. V. Galkin, K. Barta: „A Well-defined Diamine from Lignin Depolymerization Mixtures for Constructing Bio-based Polybenzoxazines“, Chem Catalysis, 2021, https://www.cell.com/chem-catalysis/fulltext/S2667-1093(21)00287-6 . Y. Liu, N. Deak, Z. Wang, Peter J. Deuss & Katalin Barta et al: “ Tunable and functional deep eutectic solvents for lignocellulose valorization“, Nature Comm. 5424 (2021), https://www.nature.com/articles/s41467-021-25117-1

APA

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