Gaswirtschaft will auch Ölheizungen dazugewinnen

30. September 2020, Wien
Beimengung von Biogas angedacht
 - Brandis, APA (dpa)

Die heimische Gaswirtschaft möchte nicht nur ihre rund eine Million Kunden behalten, die mit Gas heizen, sondern darüber hinaus noch möglichst viele Haushalte mit Ölheizung dazugewinnen. Gas ist an sich schon umweltschonender als Heizöl – die CO2-Belastung könnte durch Beimengung von Biogas in Form von Biomethan oder auch Wasserstoff weiter gesenkt werden, hieß es in einer Pressekonferenz.

Gewonnen werden könnte das Biogas etwa aus Biomasse, von agrarischen oder Lebensmittel-Resten. Ohne Adaptierungen der Brenner an den Öfen könnte Biomethan das jetzige fossile Gas zu 100 Prozent ersetzen, und Wasserstoff könne bis zu vier Prozent beigemischt werden, mit Brenner-Anpassungen bis zu 10 Prozent, sagte Harald Raupenstrauch, Uni-Professor für Thermoprozesstechnik an der Montanuniversität in Leoben. In Österreich gibt es mehr als 600.000 Öl- und über eine Million Gasheizungen.

Bis zum Jahr 2030 könnte in Österreich Biomethan im Volumen von 5,0 Terawattstunden (TWh) jährlich zur Verfügung stehen, umgerechnet rund 450 Mio. m3, sowie zusätzlich 1,5 TWh Wasserstoff (oder 500 Mio. m3), so Michael Haselauer, Vizepräsident des Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW) sowie Geschäftsführer der Netz Oberösterreich AG, einer Tochter der Energie AG Oberösterreich. Weil die Heizwerte und die Beimischungen regional unterschiedlich seien, werde es unterschiedliche Brennwertbezirke geben.

Die zur Zeit jährlich importierten bzw. in Österreich verbrauchten 8 bis 8,5 Mrd. m3 Erdgas entsprechen laut Haselauer einer Energiemenge von 90 TWh. Rund 10 TWh davon würden in die Raffinerie gehen, ein Teil werde in thermischen Kraftwerken zur Stromproduktion verwendet, und ein Teil lande bei der Industrie. Bei den Kleinkunden, vor allem den Haushalten, gehe es um einen Nettoverbrauch von 50 bis 60 TWh pro Jahr.

Die bisherigen Kritiker der Gasheizungen will man unter anderem mit dem Argument des CO2-Vorteils gewinnen, den der Ersatz von Erdgas bringt. Raupenstrauch sprach von einer linearen CO2-Substituierung, also zum Beispiel von 20 Prozent weniger CO2-Ausstoß bei einer Beimengung von 20 Prozent von grünem Methan.

Zudem bezeichnete es der Montanuni-Professor als Verschwendung, würde künftig der Erneuerbaren-Strom zum Heizen der Haushalte verwendet, dafür sei die Elektrizität eigentlich zu schade. Mit einer Strategie, die nur auf Ökostrom setze, könnten weder die Klimaziele erreicht noch der Industriestandort Österreich am Laufen gehalten werden, betonte Raupenstrauch. Gasheizungen durch Stromheizungen zu ersetzen sei ineffizient.

Erneuerbare, klimaneutrale Gase sollten als zentraler Teil der Energiezukunft angesehen werden, so der Experte von der Montan-Uni. Da die Stromerzeugung aus Wind und Photovoltaik stark schwanke, das PV-Angebot wie auch das Wasserkraft-Angebot im Winter geringer sei, müsse ohnedies Energie für den Winter gespeichert werden, argumentierten Raupenstrauch und Haselauer. Daher sollte überschüssiger „grüner Strom“ für die Wasserstoff-Produktion verwendet werden, der Wasserstoff könne gespeichert und über das insgesamt 44.000 Kilometer lange heimische Gasnetz verteilt werden, so Raupenstrauch. Bei Biogas, das dezentral entstehe, sei freilich eher auch an eine dezentrale Verwendung zu denken, lange Übertragungswege rentierten sich nicht, meinte Haselauer. Regeneratives Gas werde aber natürlich auch mehr kosten als das jetzige Erdgas.

Für das kommende Gesetz zum Thema „Grünes Gas“, das Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) als nächstes nach dem Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) auf den Weg bringen will, wünscht sich Haselauer keine Technologie- oder Verwendungs-Verbote für Gas, sondern vielmehr eine Förderung von Grüngas. Auch für viele Ölheizungen sehe er die Chance auf einen Umstieg auf Gas, vor allem in Altbauten, also im Bestand. Denn umfangreiche thermische Sanierungen oder eine komplette Umstellung des Heizsystems seien in Altbauten oft gar nicht möglich, denn viele Kunden dort hätten nur geringe finanzielle Möglichkeiten. Gas habe den Vorteil, dass bei der Verbrennung kein Feinstaub anfalle – und die Biomasseverwertung zu Biogas verhindere, dass Methan entstehe, wie des etwa bei ungenutzten Lebensmittelresten oder Hühnerkot der Fall sei.

In Neubauten sei die frühere Ausbau-Hochblüte bei Gasheizungen vorbei, räumte Haselauer ein, berichtete aber, dass in Oberösterreich voriges Jahr noch 700 Geräte im Neubau installiert worden seien, heuer auch noch 500. Früher, in den 1990er Jahren, seien in OÖ noch jedes Jahr 3.000 bis 4.000 neue Anschlüsse dazugekommen.

APA

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