Festkörperbatterien als Hoffnungsträger der E-Mobilität

12. November 2020, Graz
Mikrokontakt-Messstand untersucht elektrochemische Eigenschaften
 - Graz, Rettenwander/TU Graz

Festkörperbatterien zählen zu den Hoffnungsträgern für die künftige Elektromobilität. Im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien mit flüssigen Elektrolyten sind sie aufgrund ihrer nicht entflammbaren Komponenten sicherer und könnten deutlich höhere Energiedichten erreichen. Hohe Grenzflächenwiderstände zwischen Festelektrolyt und Elektroden limitieren jedoch noch jegliche Anwendung. Im neuen Christian Doppler-Labor für Festkörperbatterien in Graz suchen Forscher nach Lösungen.

In Festkörperbatterien wird der flüssige Elektrolyt durch einen Festkörperelektrolyt ersetzt. Dadurch können sehr große Mengen an Energie auf kleinem Raum gespeichert werden und somit eine hohe Energiedichte der Batterie erreicht werden. „Attraktiv an den Festkörperbatterien ist natürlich auch der Sicherheitsaspekt, weil keine brennbaren Flüssigkeiten austreten können“, schilderte der Leiter des neuen Labors, Daniel Rettenwander, im Gespräch mit der APA. Gleichzeitig ergeben sich neue Herausforderungen wie der Grenzflächenwiderstand zwischen Elektrolyt und Elektrode. Das Grazer CD-Labor erforscht diese Grenzflächen, um daraus einen optimierten Batterieaufbau abzuleiten. Am Mittwoch wurde es gemeinsam mit dem Grazer Unternehmenspartner AVL List eröffnet.

Bei Tests von Festkörperelektrolyten in Lithium-Ionen-Batterien zeigt sich immer wieder eine signifikante Erhöhung des internen Widerstands, der einen schnellen Ionentransport verhindert und schließlich zu einer schlechten elektrochemischen Performance von Festkörperzellen führt. Der Anstieg des inneren Widerstands lässt sich laut Rettenwander auf die hohen Grenzflächenwiderstände zwischen Festkörperelektrolyt und den Elektrodenmaterialien, bzw. auch auf Körner innerhalb des Elektrolyten (Korngrenzen), sowie keramischer Partikeln und dem Polymer in Komposit-Elektrolyten zurückführen. Das neue Labor hat alle drei Problematiken im Visier.

Sogenannte Kontaktinhomogenitäten an den diversen Grenzflächen führen zudem laut Rettenwander bei sehr hohen Stromraten zu lokalen Stromspitzen. Die Lithium-Ionen haben dadurch nicht mehr genug Zeit, sich gleichmäßig an der Grenzfläche zu verteilen. Im Falle von Lithium-Metall-Festkörperelektrolyten bilden sich nadelartige Strukturen, die Li-Dendriten aus. Diese Dendriten können zu einem Kurzschluss führen und dadurch eine Kaskade an chemischen Reaktionen auslösen. Während des Lade- und Entladevorgangs kann es zudem zu Volumsänderungen des Kathodenmaterials kommen, was wiederum einen schlechten Kontakt zwischen dem Elektrolyten und der Elektrode führen kann.

Das Team rund um Rettenwander hat für die Vielzahl an Problemen mehrere Lösungsansätze im Köcher: „Die Stromdichteverteilung an den Grenzflächen lässt sich etwa homogenisieren, in dem man Zwischenschichten mit fein abgestimmten Lithium-Transporteigenschaften einbringt. Diese werden wir testen“, sagte der Grazer Batterie-Experte. Zudem will man alternative Ladeformen testen und anstelle von Gleichstrom auf verschiedene Pulsladeformen zurückgreifen, um eine homogene Lithiumabscheidung zu erreichen.

Seine Hoffnung setzt der Forscher auch auf eine Kombination aus keramischen und polymerbasierten Elektrolyten. Mit ihnen ließe sich ein reduziertes Gewicht bei gleichzeitigem Ausgleich des Kontaktverlustes durch Ausdehnung des Kathodenmaterials erreichen. „Das wäre das Beste aus zwei Welten: Die hohe Leitfähigkeit und thermodynamische Stabilität von keramischen Elektrolyten vereint mit den exzellenten mechanischen Eigenschaften und der leichten Verarbeitbarkeit von polymerbasierten Elektrolyten“, schwärmte Rettenwander. Hier stehe man zurzeit allerdings noch vor dem Problem, dass Keramik und Polymer wiederum Grenzflächen bilden, die den Ionentransport behindern. „Für den reibungslosen Ionen-Transport braucht es also wieder Oberflächenmodifikationen“, führte Rettenwander aus.

„Wir kennen die konkreten Problemfelder, arbeiten mit Hochdruck an nachhaltigen Lösungen und sehen uns damit als Startrampe für die nächste Generation von Energiespeichern“, zeigte sich der Laborleiter optimistisch. Das Budget des CD-Labors beläuft sich in den kommenden sieben Jahren auf rund zwei Millionen Euro. Größter öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. Die AVL finanziert die Forschung gemeinsam mit der öffentlichen Hand. Erst im Oktober präsentierten die AVL und die TU Graz das Battery Safety Center Graz, in dem Batterien für E-Fahrzeuge gezielt an ihre Belastungsgrenzen gebracht werden.

APA

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