Fridays for Future: Banken müssen schneller aus Kohle raus

30. November 2020, Wien
Nach wie vor werden Kohleunternehmen von Banken finanziert
 - Hohenhameln, APA (dpa)

Spätestens seit der Unterzeichnung des Pariser Klimaschutzabkommens vor rund fünf Jahren ist das Thema Kohleausstieg in Europa angekommen. Ein wichtiger Hebel dabei ist die Finanzierung. Laut Fridays for Future (FFF) hapert es hier allerdings noch. Nach wie vor werden Kohleunternehmen von Banken, darunter auch die Erste Group und Raiffeisen Bank International (RBI), mit riesigen Kreditsummen finanziert, so die Kritik der Klimaschützer.

Die Bewegung fordert deshalb einen rascheren Ausstieg aus der Kohlefinanzierung von den Instituten. „Das Thema ist noch nicht ganz bei den Banken angekommen“, sagte Michael Spiekermann von FFF im Gespräch mit der APA. Diese würden zwar an ihren Kohle-Policies arbeiten, wollten sich damit aber Zeit lassen. Die Aktivisten sehen jedoch keinen Grund für weitere Verzögerungen – schon gar nicht, wenn das Klimaziel von maximal 1,5 Grad globaler Erderhitzung zeitgerecht erreicht werden soll.

Gemeinsam mit der deutschen NGO Urgewald hat FFF die Kohle-Finanzierungen von RBI und Erste Group analysiert und errechnet, dass die Banken in den vergangenen vier Jahren Kohleunternehmen nach wie vor mit großen Summen finanziert haben. Die Aktivisten stützen sich dabei auch auf den „Fool’s Gold Bericht 2020“. Dieser beleuchtet die Finanzflüsse – Kredite, Anleihen, Aktienemission, etc. – der acht wichtigsten Kohleunternehmen in Europa: RWE, PGE, EPH, CEZ, Enel/Endesa und Fortum/Uniper.

Konkret habe die RBI laut der Berechnung von FFF Kredite im Wert von 720 Mio. Euro vergeben und Kohleaktien und -anleihen in Höhe von 171 Mio. Euro auf den Markt gebracht. Die Erste Group habe indessen 783 Mio. Euro an Krediten in der Branche vergeben und Aktien und Anleihen im Wert von 283 Mio. Euro auf den Markt gebracht. Die Gelder seien jeweils an die Kohleunternehmen EPH, CEZ und ENEL gegangen. Zudem werde von beiden Banken in Kohleunternehmen investiert, die noch neue Kohlekraftwerke planen, kritisieren die Aktivisten.

Neben den hohen Finanzierungssummen kritisieren die Aktivisten auch die Schwammigkeit der Formulierungen in den Kohle-Policies der Banken sowie das Fehlen konkreter Zeitpläne für einen Kohleausstieg. Darüber hinaus fordern sie, dass Kohle nicht nur in der Projektfinanzierung, sondern auch bei der direkten Finanzierung des Unternehmens ausgeschlossen wird. Denn aktuell laufe die Finanzierung der Kohleindustrie zu 90 Prozent über Unternehmenskredite und nicht über Projektkredite, so Spiekermann.

Andere Banken in Europa wären schon deutlich weiter als die beiden heimischen Institute. Als Positivbeispiel nennen die Aktivisten die Bank-Austria-Mutter UniCredit, die bereits klare Ausschlusskriterien und Zeitvorgaben festgelegt habe: Die Bank schließt ab 2021 alle Unternehmen von der Finanzierung aus, die keine Pläne vorweisen können, bis spätestens 2028 aus der Kohle ausgestiegen zu sein, sagte Nicole Rath von Urgewald. „Die UniCredit legt da ordentlich vor, die RBI und die Erste Group haben noch aufzuholen“, so die Aktivistin.

Eine RBI-Sprecherin verwies in einem Statement an die APA darauf, dass eine aktualisierte Kohle-Politik „in Fertigstellung“ sei. Diese umfasse einen unmittelbaren Ausstieg aus neuen Finanzierungen von Kohlekraftwerken, darüber hinaus liefen bestehende Finanzierungen aus und würden nicht refinanziert. Auch konkrete Deadlines sollen in der neuen Kohle-Politik verankert werden. Zu den Berechnungen der Aktivisten heißt es von der RBI zudem, dass die „kolportierten Zahlen zum Kohleexposure der RBI nicht stimmen und viel zu hoch gegriffen sind“.

Auch die Erste Group sei „gerade dabei, die Richtlinien zu verantwortungsvollen Finanzierung zu überarbeiten, um den Zielen des Pariser Klimaabkommens Rechnung zu tragen,“ so ein Sprecher der Bank in einem Statement. Man sei sich der Rolle als „maßgeblicher Financier der Wirtschaft in Mittel- und Osteuropa durchaus bewusst“ und sei froh, dass Kohle in Europa ein Auslaufmodell ist. Es müsse aber auch verstanden werden, „dass in einigen Teilen Europas Kohlekraftwerke noch immer die Energiesicherheit vieler Millionen armer Menschen gewährleistet“, so die Bank. Beide Banken betonten außerdem, mit Fridays for Future im Dialog zu stehen.

Ab dem kommenden Jahr könnte für die Banken auch vonseiten der Europäischen Zentralbank (EZB) Druck kommen, wenn es um den Klimawandel geht. Die EZB will die Institute dazu auffordern, eine Selbsteinschätzung zu ihren Klimarisiken vorzunehmen und auf Grundlage der Resultate Maßnahmenpläne aufzustellen. 2022 will sie die Vorgehensweise der Geldhäuser dann eingehend prüfen.

APA

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