SPÖ pocht bei neuer Ökostromförderung auf Kostendeckel

4. Dezember 2020, Wien
Ein Windrad wird montiert - Hoort, APA/dpa

Die SPÖ beharrt beim geplanten Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) weiterhin auf einer Deckelung der Ökostromförderkosten für die Millionen Haushaltskunden bei jeweils 100 Euro jährlich. Über allfällige künftige Änderungen bei der mit einer Milliarde Euro jährlich geplanten Gesamtsumme der Förderung sollte nur der Nationalrat mit Zweidrittelmehrheit befinden können und nicht der Hauptausschuss mit einfacher Mehrheit, sagte SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll.

Schroll meinte in einer Trendforum-Diskussion von Oesterreichs Energie zum EAG, es gehe nicht an, die vier Millionen Haushalte und KMU „zur Kasse zu bitten, wenn es sich nicht ausgeht“. Wenn es über eine Milliarde sei, müsse etwas vom Finanzministerium, vom Staatshaushalt, dazugeschossen werden. Zum Argument von Grünen-Energiesprecher Lukas Hammer, die einkommensschwachen Haushalte seien ohnedies von der Pauschale und dem Ökostromförderbeitrag befreit, sagte er, dann solle man es gleich ins Gesetz hineinschreiben, dass das für die 330.000 GIS-Gebühr-befreiten Haushalte gelte. Haushalte und KMU würden 25 Prozent des Stroms verbrauchen, aber 46 Prozent der Ökostromkosten tragen, so Schroll.

Zum EAG habe es mit der SPÖ bisher noch keine wirklichen Verhandlungen gegeben, kritisierte Schroll und erinnerte daran, dass für die Energiematerie eine Zweidrittelmehrheit, also auch Oppositionsstimmen, erforderlich sind. „Unsere Hand ist ausgestreckt – ich kenne bisher aber nur den Begutachtungsentwurf von 28. Oktober. Einen Partner muss man einbinden.“ Hammer sagte, die Federführung liege derzeit bei Umwelt- und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne). Doch wenn die Regierungsvorlage noch im Dezember komme, „haben wir noch einen Monat Zeit für die parlamentarischen Verhandlungen. Mein Ziel ist auch ein einstimmiger Beschluss“, wie es sie immer wieder bei Zweidrittel-Energiematerien gegeben habe.

Auch seitens der Freiheitlichen wurde mangelnde Verhandlungsbereitschaft kritisiert. „Von verhandeln kann bisher keine Rede sein“, erklärte FPÖ-Energiesprecher Axel Kassegger, der wie Schroll dafür plädierte, eine „Umgehung des Milliarden-Deckels“ über den Hauptausschuss zu verhindern. Es gehe um drei Ziele: den Umstieg auf Erneuerbare, die Versorgungssicherheit – insbesondere die Netzsicherheit -, sowie Wirtschaftlichkeit und Leistbarkeit; diese Ausgewogenheit sei ganz wichtig. Der Gesetzentwurf sei „nicht schlecht“, meinte er, redete das EAG aber klein: Es handle sich nur um ein Ökostromgesetz, das nötig sei, weil das alte auslaufe. Zudem würden die Themen Gas, Sektorkopplung, Power-to-X und die Speicherfrage darin fehlen.

Grünen-Energiesprecher Hammer zeigte sich überzeugt davon, dass die Energiewende mit dem geplanten Geldeinsatz möglich sei. Ein stärkeres Beschränken des Unterstützungsvolumens lehnte er ab, man sei in den letzten Jahren bei den Erneuerbaren ohnedies nur „mit angezogener Handbremse“ unterwegs gewesen. Der Erneuerbaren-Ausbau mache Österreich unabhängiger von Importen fossiler Energien „und wir kriegen saubere Luft“. 2019 habe Österreich 9,2 Mrd. Euro für Öl- und Gasimporte ausgegeben. „Darum sollten wir nicht immer drüber reden, dass das Unterstützungsvolumen in Grenzen gehalten werden soll.“

Zur „Blackout-Versicherung“ Netzreserve, die aus dem EAG herausgelöst und vorgezogen wurde, damit sie schon Anfang 2021 gelten kann, sprach sich SP-Abg. Schroll dafür aus, dabei auch Kraft-Wärme-Kopplungen (KWK-Anlagen) mitzuberücksichtigen, denn deren Einsatz zur Netzstabilisierung sei in den letzten Jahren immer wichtiger geworden. Grünen-Energiesprecher Hammer bezeichnete es als „sinnvoll“, inklusive KWK einen gemeinsamen Weg zu finden, bei dem auch die EU-Kommission damit einverstanden sein könne. Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) hatte am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss in Richtung Schroll daran erinnert, dass gerade in der Frage der Beteiligung von KWK-Anlagen die EU-Kommission sehr kritisch sei.

NEOS-Energiesprecher Sepp Schellhorn übte Kritik am Raumordnungs-Fleckerlteppich, er hätte lieber ein Bundes-Raumordnungs-Rahmengesetz, sonst seien die Erneuerbaren-Ausbauziele womöglich nicht erzielbar, etwa bei PV. Denn bei Photovoltaik gebe es durch den Föderalismus Probleme – dieser „Länder-Raumordnungs-Wahn“ sollte ausgehebelt werden. Grünen-Mandatar Hammer würde sich auch etwas anderes als „neun Raumordnungen und neun Bauordnungen“ wünschen, sieht aber keine Chance für ein Bundesgesetz. Es gehe um ein Forcieren von PV auf Agrarflächen und um die Akzeptanz solcher Anlagen auf Freiflächen. Die Bundesländer bekämen mit dem EAG eine große Verantwortung, denn derzeit gebe es in drei Bundesländern noch kein Windrad und in einem erst zwei. ÖVP-Energiesprecherin Tanja Graf sagte, man benötige für den Erneuerbaren-Ausbau auch die Akzeptanz der Bürger: „Das EAG setzt voraus, dass Wirtschaft, Bürger und EVU mitspielen.“

Ziel des EAG ist es, Österreichs Stromversorgung bis 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen zu bestreiten, bilanziell übers Jahr gesehen. Dafür müssten weitere rund 27 Terawattstunden (TWh) Erneuerbare dazukommen, heute sind es rund 55 TWh. Bei PV wird ein Zubau von 11 TWh angestrebt, bei Wind 10 TWh, bei Wasserkraft 5 TWh und bei Biomasse 1 TWh.

Das EAG soll das bisherige Ökostrom-Fördersystem auf neue Beine stellen. Vorgesehen sind mehrere Arten der Förderung. Für kleinere Anlagen mit höherem Eigenverbrauch, zB PV-Anlagen am eigenen Hausdach, soll es eine Investitionsförderung geben. Für größere Anlagen, die ihren erzeugten Strom selbst vermarkten müssen, soll es Marktprämien geben, die auf den Marktpreis aufgeschlagen werden. Die Höhe der Prämien soll, abhängig von der Technologie, per Verordnung festgelegt oder durch Auktionen ermittelt werden. Was die Finanzierung betrifft, sieht das Gesetz für den Erneuerbaren-Ausbau vor, dass der Aufwand durchgerechnet über drei Jahre eine Milliarde Euro pro Jahr nicht überschreiten soll.

APA