Studie zeigt Erwärmung des Grundwassers durch den Klimawandel

9. Dezember 2020, Lutherstadt Wittenberg

Nicht nur die Luft und die Meere werden wärmer – auch unter der Erde macht sich der Klimawandel mit steigenden Temperaturen bemerkbar. Einer Studie an bayerischen Messstellen zufolge hat sich im Freistaat das Grundwasser deutlich erwärmt. In 20 Metern Tiefe sei das Wasser im Mittel fast ein Grad wärmer als vor 30 Jahren, berichten Wissenschafter der deutschen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) in der Fachzeitschrift „Frontiers in Earth Science“.

Der Anstieg der Temperatur unter der Erde lag nur kapp unter dem der Luft. Die Forscher hatten die Temperaturen an 35 Messstationen in ganz Bayern in unterschiedlichen Tiefen mit Daten aus den 1990er-Jahren verglichen. Erwärmt sich die Luft, wird mit der Zeit der Boden wärmer – und damit auch das Grundwasser. „Der Untergrund ist im Gegensatz zur Atmosphäre allerdings sehr träge“, sagte der MLU-Geowissenschafter Peter Bayer, einer der Autoren. Er zeige eher langfristige Trends – ein guter Indikator für den Klimawandel.

„Wir haben das mittlerweile weltweit im Blick“, erklärte der Hydrogeologe. „Das Grundwasser ist ein Spiegelbild der mittleren Jahrestemperatur der Luft. Es gibt eine gewisse Zeitverzögerung, aber die Temperatur paust sich durch.“ Vor wenigen Jahren habe die Bundesanstalt eine Studie einer abgeschlossenen und mit süßem Grundwasser gefüllten Linse auf der Nordseeinsel Langeoog durchgeführt. Dort habe sich anhand nachweisen lassen, dass die Temperatur binnen 80 Jahren im Mittel um rund ein Grad gestiegen war.

Schon jetzt gebe es teils dramatische Folgen der Erwärmung von Boden und Grundwasser – auf Tiere und Pflanzen, aber vor allem auf den Wasserhaushalt, sagt Himmelsbach. „Die weltweit größte Auswirkung ist das Schmelzen von Gletschern und des Permafrosts.“ Auf einer Wassertagung in Baku habe man sich gefragt: Warum steigt das Kaspische Meer? Warum hat die Wolga so viel Wasser? Nun zeige sich: Grund seien wohl erhöhte Zuflüsse aus dem Norden Russlands. An manchen Häfen des Kaspischen Meeres gebe es bereits Probleme wegen des Wasserspiegels.

Hierzulande ist die größte Sorge bisher ein Absinken des Grundwasserspiegels infolge des Klimawandels – weil je nach Landstrich weniger Niederschläge fallen und sich deshalb die Reservoire unter der Erde nicht mehr gut füllen. „Die neue Studie zeigt einmal mehr, wie umfassend der Klimawandel wirkt.

Im Durchschnitt war das Grundwasser im Freistaat der Studie zufolge in einer Tiefe von 20 Metern fast 0,9 Grad wärmer als noch in den 1990er-Jahren. In einer Tiefe von 60 Metern lag die Erwärmung bei etwa 0,3 Grad. In der gleichen Zeit stieg die durchschnittliche Lufttemperatur um 1,05 Grad Celsius. Ab etwa 15 Metern Tiefe seien kurzfristige lokale oder saisonale Schwankungen nicht mehr zu messen, hieß es dazu.

Die Folgen der Wassererwärmung unter der Erde seien schwer abzuschätzen, sagte Studien-Mitautor Bayer. Eine höhere Wassertemperatur habe etwa Auswirkungen auf das Wachstum von Mikroben. Es setze unterirdische Ökosysteme unter Druck, die an sehr konstante Temperaturen angepasst seien.

(S E R V I C E – Studie im Internet – Fachartikelnummer DOI: 10.3389/feart.2020.575894 – http://dpaq.de/Es7em)

APA/dpa