Schiff für Nord-Stream-2-Bau fuhr in dänische Gewässer ein

24. Jänner 2021, Kopenhagen/Wien/Moskau

Ungeachtet neuer Sanktionsdrohungen der USA hat das russische Schiff, das die umstrittene Gas-Pipeline Nord Stream 2 fertigstellen soll, am Sonntag seine Arbeit in der Ostsee aufgenommen. Das Rohrleger-Schiff „Fortuna“ habe in dänischen Gewässern „vor der Wiederaufnahme des Baus von Nord Stream 2“ mit Arbeiten begonnen, teilte das Unternehmen Nord Stream 2 in Moskau mit. Alle Arbeiten fänden „in Übereinstimmung mit den erhaltenen Genehmigungen statt“.

Die „Fortuna“ befand sich am Sonntag rund 15 Seemeilen (rund 28 Kilometer) von der dänischen Insel Bornholm entfernt, wie Daten der Ortungsdienste Vesselfinder und Marine Traffic zeigten. In der Nähe befanden sich demnach mehrere russische Schiffe, die die „Fortuna“ bei den Arbeiten unterstützen sollen.

Nord Stream 2, die größtenteils vom russischen Staatskonzern Gazprom finanziert wird, soll das Potenzial für russische Gaslieferungen nach Deutschland deutlich erhöhen. In der EU ist das Neun-Milliarden-Euro-Projekt seit langem umstritten und auch die USA lehnen es ab. Die deutsche Regierung steht weiterhin hinter dem von der OMV mitfinanzierten Vorhaben. Der Pipeline-Bau ist nahezu abgeschlossen, es stehen vor allem noch Arbeiten in dänischen Gewässern aus.

Anfang Dezember waren die Arbeiten an der 1.200 Kilometer langen Pipeline durch die Ostsee in deutschen Gewässern wieder aufgenommen worden, nachdem sie wegen US-Sanktionen fast ein Jahr unterbrochen gewesen waren. In Dänemarks Gewässern ist die Fortsetzung des Baus seit dem 15. Jänner wieder erlaubt.

Zunächst wurde aber die Amtsübernahme des neuen US-Präsidenten Joe Biden am vergangenen Mittwoch abgewartet. Kurz zuvor hatte die Regierung von Bidens Vorgänger Donald Trump die Bundesregierung informiert, dass gegen die „Fortuna“ US-Sanktionen verhängt würden.

Kritiker der Pipeline befürchten unter anderem eine Schwächung alternativer Pipelines und traditioneller Transitländer, etwa der Ukraine. Für zusätzliche Kritik hatte zuletzt die Verhaftung des prominenten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny nach seiner Rückkehr nach Russland gesorgt. Das EU-Parlament forderte daraufhin in einer Entschließung vom Donnerstag einen Baustopp für das deutsch-russische Pipeline-Projekt.

Der polnische Staatspräsident Andrzej Duda sprach sich in einem am Sonntag veröffentlichten Interview für weitere EU-Sanktionen gegen Russland wegen des Vorgehens der russischen Sicherheitskräfte gegen Proteste von Nawalnys Anhängern aus. „Wenn man internationales Recht durchsetzen will, ist die einzige Möglichkeit ohne Gewehre, Kanonen und Bomben die der Sanktionen“, sagte Duda der „Financial Times“. „Deshalb sind wir bereit, zu einem Konsens in dieser Frage beizutragen.“

Nawalny war im Sommer in Russland mit einem Nervenkampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe vergiftet worden und in der Folge in Berlin behandelt worden. Direkt nach seiner Rückkehr nach Russland wurde Nawalny am Sonntag festgenommen und später im Eilverfahren wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen zu 30 Tagen Haft verurteilt. Bei landesweiten Protesten dagegen wurden am Samstag mehr als 3.500 Menschen festgenommen.

APA/ag