Noch immer gelten die verhältnismäßig geringe Reichweite und die langen Ladezeiten als Grund, warum die Absätze von Autos mit Elektroantrieb hinter denen mit Verbrennungsmotor liegen. Die Limits von herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus, wie sie in vielen Elektroautos verwendet werden, könnten jedoch bald geknackt werden. Zahlreiche Firmen arbeiten mit Hochdruck an neuartigen Batterien, um der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen. Eine davon: das US-Start-up QuantumScape.
QuantumScape hat seinen Sitz in San Jose im kalifornischen Silicon Valley. Einer der Mitgründer ist der Österreicher und Stanford-Professor Fritz Prinz, der an der US-Eliteuniversität im Bereich Nanotechnologie forscht. Die operative Spitze des Unternehmens bilden CEO Jagdeep Singh und Technologiechef Tim Holme, mit denen Prinz die Firma im Jahr 2010 gegründet hatte. Das Stanford-Spin-off QuantumScape ist eine der Firmen, die an einer sogenannten Feststoffbatterie (Solid State Battery) arbeiten. Anders als die derzeit üblichen Lithium-Ionen-Batterien verwenden sie keinen flüssigen Elektrolyten, der die Lithium-Ionen überträgt. Das bringt eine Reihe von Vorteilen mit sich. „Die (Singh und Holme; Anm.) haben das schon vor 10 Jahren erkannt, dass alternative Technologien eingesetzt werden müssen“, meinte Prinz im Interview mit der APA.
Herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien bestehen aus zwei Elektroden aus festen Materialien – typischerweise Graphit (Anode) und Lithiumverbindungen (Kathode). Die beiden Pole werden durch eine durchlässige Membran, einen sogenannten Separator, getrennt. Die Lithium-Ionen bewegen sich in einer speziellen Batterieflüssigkeit – dem Elektrolyten. Als Problem für Lithium-Akkus gelten unter anderem Dendriten, nadelähnliche Kristalle aus Lithium, die den Separator durchbrechen können. Das kann dann wiederum zu einem Kurzschluss führen.
Im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien kommt QuantumScapes Feststoffbatterie ohne die übliche Graphitanode aus und verzichtet auch auf den flüssigen Elektrolyten. An Feststoffbatterien wird bereits seit Jahren geforscht – die Technologie selber ist also nicht neu. Das Problem ist jedoch, einen geeigneten Separator zu finden, der den komplexen Anforderungen der Automobilindustrie entspricht und der die Dendritenbildung verhindert. Das Material des biegsamen Keramikseparators von QuantumScape dürfte der Durchbruch gewesen sein, auf den man jahrelang gewartet hatte. „Das Material ist widerstandsfähiger gegenüber Dendriten“, erklärt Prinz. Die resultierende Batterie sei damit stabiler und günstiger und könne bei niedrigen Temperaturen mit hohen Stromdichten operieren.
Die bisherigen Testergebnisse der Batteriezellen von QuantumScape geben laut dem Unternehmen mehr als Grund für Optimismus. Mit der Technologie erhöhe sich nicht nur die Ladegeschwindigkeit zu vergleichbaren Feststoffbatterien signifikant. Die Batterie würde sich in 15 Minuten zu 80 Prozent laden lassen, was auch gegenüber Lithium-Ionen-Batterien einen gewaltigen Vorsprung bedeuten dürfte. Die Lebensdauer der Batterien soll mit mehr als 1.100 Lade- und Entladevorgängen (Zyklen) und mehr als 80 Prozent Kapazität zudem bereits im Labor Ansprüchen von Endverbrauchern gerecht werden. „Die haben eine sehr hohe Coulomb-Effizienz. Selbst bei schnellen Zyklen ist der Energieverlust vergleichsweise gering“, erläutert Prinz.
Die von der Größe her etwa einem Kartenstapel entsprechende Feststoffbatterie soll zudem eine deutlich höhere Energiedichte aufweisen. Diese misst die Energie pro Raumvolumen – also je höher die Dichte, desto länger kann ein angeschlossenes Gerät betrieben werden. „Da das Hostmaterial der Anode wegfällt, bringt das einen Vorteil für die volumetrische Energiedichte“, so Prinz. Die Kapazität der QuantumScape-Batterien soll 1.000 Wattstunden/Liter (Wh/l) erreichen, was ebenfalls deutlich leistungsfähiger wäre als derzeitige vergleichbare Lithium-Ionen-Batterien.
Das Team von QuantumScape war in der Lage, relativ früh schlagkräftige Investoren an Bord zu holen, darunter die Venture-Capital-Firmen Kleiner Perkins, Lightspeed, Capricorn und Khosla. Auch der deutsche Volkswagen-Konzern hat sich seit 2012 bei den Kaliforniern engagiert und sein Investment zuletzt im vergangenen Juni auf nunmehr 300 Mio. Dollar aufgestockt. Die Wolfsburger wären möglicherweise der Hauptpartner und Abnehmer für die neuartigen Feststoff-Batterien – ein gemeinsames Fertigungswerk steht bereits auf der Agenda.
QuantumScape notiert seit November 2020 an der New Yorker Börse und war bei der Suche nach Kapitalgebern hoch erfolgreich – auch wenn manche Analysten vor einem Hype warnen. Die Veröffentlichung von Performancedaten der Batteriezelle katapultierte die Aktie in Folge kurz vor Weihnachten auf einen Börsenwert von über 48 Mrd. Dollar, womit sie sogar den US-Autobauer Ford überholt hatte. Wenige Tage später halbierte sich der Aktienwert jedoch bereits wieder. Kritiker verwiesen unter anderem darauf, dass die Batteriezelle des Unternehmens bisher nur unter Laborbedingungen getestet wurde und viele Schritte zur Marktreife noch ausständig wären. Zudem zweifeln manche am Einsatz der Feststoffbatterien in der stark kostengetriebenen Autoindustrie.
In erster Linie gilt es für die QuantumScape-Ingenieure vorerst das Problem des „Stackings“ zu lösen – denn die neuartigen Batterien wurden bisher nur auf der Ebene der einzelnen Zelle getestet. Für eine vollständige Batterie mit der geplanten Kapazität sind jedoch mehrere Dutzend dieser Zellen im Verbund notwendig. Laut den Angaben von QuantumScape wird die Serienproduktion der Batterien definitiv nicht vor dem Jahr 2024 beginnen.
Friedrich Prinz leitet an der Universität Stanford das „Nanoscale Prototyping Laboratory“ und forscht insbesondere im Bereich Energiespeicherung und -konvertierung. Der Niederösterreicher betreut zudem im Rahmen des „GoStanford“ Programms der österreichischen Wirtschaftskammer (WKO) heimische Unternehmen, die ihre im Bereich Forschung und Entwicklung tätigen Mitarbeiter an die Elite-Universität entsenden wollen. Prinz ist Mitgründer, Berater und Aufsichtsratsmitglied bei QuantumScape.
Von Siegmund Skalar/APA aus Seattle (USA)
APA-Science