Der deutsche Stahl- und Industriekonzern Thyssenkrupp will mit dem Bau von Anlagen zur Produktion von Wasserstoff zurück in die Erfolgsspur. Das Unternehmen habe „eine sehr gute Ausgangsposition auf diesem dynamisch wachsenden Markt“, sagte die Firmenchefin Martina Merz am Freitag bei der Online-Hauptversammlung. Thyssenkrupp verfüge über die „einzig schon großtechnisch realisierte Technologie, um Wasser unter Einsatz von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff zu zerlegen“.
Der Traditionskonzern, der im vergangenen Geschäftsjahr einen Milliardenverlust eingefahren hat, sucht nach einem neuen Geschäftsmodell. Ob die Stahlerzeugung weiter dazu gehören wird, ist noch offen. Eine Entscheidung will der Vorstand im März treffen, wie Merz bekräftigte. Der britisch-indische Unternehmer Sanjeev Gupta hat ein Übernahmeangebot vorgelegt und will die Stahlerzeugung von Thyssenkrupp in seinen Konzern Liberty Steel aufgehen lassen. Merz lässt zudem Alternativen zu einem Verkauf entwickeln, unter anderem eine Abspaltung vom Kernkonzern.
Aktionärsvertreter bezweifeln, dass Thyssenkrupp die finanzielle Kraft hat, den Stahlbereich zu sanieren und gleichzeitig massiv in die Wasserstofftechnik zu investieren. Der Vorstand müsse „eine klare Richtungsentscheidung“ treffen, forderte Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Deka Investment in einer schriftlichen Stellungnahme. Es stelle sich die Frage: „Kann Thyssenkrupp überhaupt Stahl?“ Henrik Ponzen von der Fondsgesellschaft Union Investment sieht in der Wasserstoffwirtschaft „eine historische Chance für Thyssenkrupp, um sich neu zu erfinden“.
Merz hat den geplanten Verkauf des Chemieanlagenbaus von Thyssenkrupp vorerst gestoppt. „Wir bewerten das Potenzial insbesondere unserer Wasserstoffaktivitäten neu“, sagte sie. Das weltweite Marktpotenzial für Wasserelektrolyse werde für das Jahr 2030 auf 20 bis 40 Milliarden Euro Umsatz geschätzt. Hier sei Thyssenkrupp „gut positioniert“.
APA/dpa