Erneuerbaren Ausbau Gesetz nächste Woche im Ministerrat

11. März 2021, Wien
StS. Brunner

Das von der Stromwirtschaft mit Ungeduld erwartete „Erneuerbaren Ausbau Gesetz“ (EAG), das als Grundlage für einen forcierten Ausbau der Erneuerbaren-Stromerzeugung bis 2030 dienen soll, ist endlich fertig und soll am Mittwoch kommender Woche in den Ministerrat eingebracht werden. Wenn der parlamentarische Prozess wie geplant abläuft, werde das Paket noch vor dem Sommer in Kraft treten können, sagte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Donnerstag.

Eigentlich hätte das EAG bereits am 1. Jänner 2021 in Kraft treten sollen, der Unmut der Ökostrom-Branche, aber auch der Oppositionsparteien über die Verzögerung war groß. „Wichtig ist, dass es da ist, das EAG“, sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bei der Pressekonferenz in Wien. „Wir wissen, es hat eine Spur gedauert, aber es ist ein großer Wurf.“

Beim EAG handelt es sich um ein Gesetzespaket – neu ist das EAG selbst als Namensgeber, dazu gibt es Änderungen in acht weiteren Gesetzen. Ziel ist es, dass Österreichs Strombedarf bis zum Jahr 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden kann. Gemeint ist das bilanziell und übers Jahr gerechnet, das heißt nicht, dass gar kein Strom mehr z.B. aus Erdgas erzeugt wird. „Dafür setzen wir auf Investitionen, Bürgerbeteiligung und Innovation“, sagte Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP).

Um das Ziel zu erreichen, werden 27 Terawattstunden an zusätzlicher Stromerzeugungskapazität notwendig sein. Zum Vergleich: Zwischen 1970 und 1998 wurden 30 TWh an Leistung zugebaut. Die zusätzlichen Kapazitäten sollen sich wie folgt zusammensetzen: 11 TWh aus Photovoltaik, 10 TWh Wind, 5 TWh Wasserkraft und 1 TWh Biomasse. „Das ist plus 50 Prozent zum heutigen Bestand“, sagte Gewessler.

Das Fördersystem wird dafür angepasst, künftig soll es zwei Arten von Förderungen geben – entweder als einmalige Investitionsförderung oder als laufende Marktprämie für die Stromproduktion. Das Unterstützungsvolumen beträgt 1 Mrd. Euro pro Jahr, insgesamt sollen also in den nächsten zehn Jahren 10 Mrd. Euro in den Ausbau der erneuerbaren Energie investiert werden.

Die Haushalte sollen nicht wesentlich stärker belastet werden als bisher. Das bestehende System in Österreich sei gut etabliert und werde fortgeführt: „Einkommensschwache Haushalte, definiert über diejenigen, die Anrecht haben auf Befreiung von der GIS-Gebühr, sind von den Ökostrom-Beiträgen befreit“, so Gewessler.

Gegenüber dem Begutachtungsentwurf gab es auch einige wesentliche Änderungen. „Wir haben mehr als 2.000 Stellungnahmen bekommen, wirklich viel aus der Praxis, aus der Anwendung“, so die Umweltministerin. „Das heißt, da ist sehr viel an Detailarbeit noch reingeflossen.

Eine wesentliche Änderung betrifft den Wasserstoff: Elektrolyseanlagen werden nun für mindestens 15 Jahre komplett von den Netztarifen ausgenommen – im Begutachtungsentwurf waren 50 Prozent vorgesehen. Darüber hinaus stehen insgesamt 500 Mio. Euro für die nächsten zehn Jahre an Investitionsförderung für Wasserstoff- bzw. Elektrolyseanlagen zur Verfügung.

Beim Biogas soll die Nachfolgeförderung als Marktprämie bis ins 30. Jahr reichen, darüber hinaus stehen ebenfalls 500 Mio. Euro für die nächsten zehn Jahre in Form einer Investitionsförderung für die Umrüstung von Verstromung auf Gaseinspeisung und für Neuanlagen zur Verfügung.

Pumpspeicheranlagen werden zu 100 Prozent von Netztarifen befreit, das gilt nun sowohl für neue als auch für bestehende Anlagen für 15 Jahre.

Das EAG ermöglicht auch erstmals Energiegemeinschaften: Bei „Erneuerbaren Energiegemeinschaften“ können Nachbarn oder Betriebe gemeinsam Strom produzieren und teilen. „Bürgerenergiegemeinschaften“ erlauben den Tausch von Strom ohne regionale Begrenzung. So soll es beispielsweise möglich sein, dass eine Familie in Oberösterreich PV-Strom auf dem Dach ihres Einfamilienhauses erzeugt und die in Wien studierende Tochter die in Oberösterreich eingespeiste Strommenge verbraucht.

Die Höhe der Förderung von PV-Anlagen steht noch nicht fest, sie soll in Verordnungen festgelegt werden. Insgesamt soll die Förderhöhe steigen. Die Höhe der Förderungen sei EU-rechtlich begrenzt, erklärte Brunner. Man gehe von einer Amortisierung der Investition innerhalb von zehn Jahren aus. Die Lebensdauer solcher Anlagen habe früher etwa 20 Jahre betragen, inzwischen sei man bei 30 Jahren.

Parallel zur Gesetzwerdung in Österreich läuft bereits die Notifizierung bei der EU. „Das Erneuerbaren Ausbau Gesetz, genauso wie die Netzreserve, müssen europarechtlich notifiziert sein“, sagte Gewessler. „Final ist das erst möglich, wenn das Gesetz final beschlossen ist.“ Sie habe sowohl mit Energiekommissarin Kadri Simson als auch mit den beiden Vizepräsidenten Margrethe Vestager und Frans Timmermans bereits Gespräche geführt. „Sie haben mir alle zugesagt, sie werden das rasch prüfen.“

APA