Forderung nach Abschaltung von AKW Krsko

11. März 2021, Klagenfurt/Wien/Krsko
Archivbild des AKW Krsko
 - Krsko, APA/AFP

Umweltschützer und das Bundesland Kärnten fordern am Mittwoch zum Anlass des Fukushima-Jahrestags eine Abschaltung des slowenischen AKW Krsko, statt wie geplant die Laufzeit um weitere 20 Jahre zu verlängern. Grüne, SPÖ und FPÖ schlossen sich dieser Forderung an. Neuere Erdbeben-Forschungen zeigen laut Global 2000, dass die Risiko-Annahmen, unter denen das 40 Jahre alte AKW errichtet wurde, seither erhöht werden mussten.

Befürchtet wird, dass bei der grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für die Verlängerung alte Daten herangezogen werden. „Wir wollen eine technische neue Überprüfung“, forderte die Kärntner Umweltlandesrätin Sara Schaar (SPÖ) bei einer Online-Pressekonferenz am Mittwoch. Der Atomsprecher von Global 2000, Reinhard Uhrig, ergänzte, dass Atomkraftwerke technisch auf 30 bis maximal 40 Jahre ausgelegt seien. Nach dem Plan der Betreibergesellschaft solle das veraltete Kraftwerk in Krsko mit seinem Druckwasserreaktor aber bis 2043 laufen. Das AKW liegt rund 70 Kilometer von Österreich entfernt.

Das schwere Erdbeben Ende des Vorjahres in Kroatien habe erneut gezeigt, dass das nur 85 Kilometer vom Epizentrum entfernte Atomkraftwerk mitten in einem Erdbebengebiet liege und von den europäischen Reaktoren am stärksten durch seismische Erschütterungen gefährdet sei. Bei dem Erdbeben der Stärke 6,4 vom 29. Dezember 2020 sei Krsko automatisch heruntergefahren worden. Das sei „nochmal gut gegangen“, so Uhrig, der auch auf die verheerende Erdbeben- und Tsunamikatastrophe im japanischen AKW Fukushima vor genau zehn Jahren verwies. Bei der Katastrophe am 11. März 2011 kamen insgesamt 18.500 Menschen ums Leben.

Der emeritierte Geologe Roman Lahodynsky, ehemals am Institut für Sicherheits- und Risikowissenschaften der Universität für Bodenkultur, erläuterte, dass Erdbeben der Magnitude von 6,6 in der Region möglich seien. Auch hätten in historischer Zeit bereits Beben rund um Krsko stattgefunden. Neue Methoden und Erkenntnisse der Geophysik und Geologie gehörten „berücksichtigt“. Diese Fakten seien „runtergespielt“ worden, so Lahodynsky.

Schaar berichtete, dass ihre politischen Gesprächspartner in Slowenien „offiziell nicht viel“ sagten. Kärnten wolle dem Nachbarland nicht erklären, was es zu tun habe, sei aber in Kenntnis slowenischer Plänen zu alternativer und erneuerbarer Energiegewinnung. Diese Pläne sollten aus der Schublade geholt werden. Schaar: „Die sechs Terawatt-Stunden aus Krsko sind ersetzbar.“ Laut Uhrig stammt aktuell 37 Prozent der Stromerzeugung aus dem einen Reaktor. Das liege daran, dass das Land relativ klein sei. Krsko gehört zu gleichen Teilen Slowenien und Kroatien, die auch Anspruch auf jeweils die Hälfte des dort produzierten Stroms haben.

Wichtig ist laut Schaar und Uhrig auch eine starke Bürgerbeteiligung an dem UVP-Verfahren. Das Hauptverfahren starte Ende Juni und soll nach den Plänen der Betreiber bald abgeschlossen werden. „Das AKW ist bis 2023 genehmigt, damit sie den Reaktor weiterbetreiben können, müssen sie davor die UVP abschließen und auch die Auflagen erfüllen, deswegen haben sie diesen Stress“, betonte Uhrig. Da aktuell keine umfassende Prüfung vorgesehen sei, startet Global 2000 eine Petition, in welcher Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) sowie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) aufgefordert werden, den Alterungszustand des Krsko-Reaktors zu überprüfen und das Erdbeben-Risiko neu bewerten zu lassen. Bereits am gestrigen Dienstagabend hatten sie sich im Umweltausschuss des Nationalrates alle Fraktionen hinter einen Antrag gestellt, in dem Gewessler zu Aktivitäten gegen eine Laufzeitverlängerung von Krsko aufgefordert wurde.

Die Grünen warnten unterdessen vor der ständigen Bedrohung durch Atomenergie. „Der Irrglaube, Naturgewalten seien beherrschbar, machte die Präfektur Fukushima vor zehn Jahren zu einem Sperrgebiet. 150.000 Menschen verloren ihr Zuhause, die Aufräumarbeiten werden noch bis zu 200 Jahre dauern“, erklärte der Anti-Atomenergiesprecher der Grünen, Martin Litschauer, in einer Aussendung. Er rief die europäischen Staaten und die internationalen Gemeinschaft angesichts der „alternden AKW-Flotte in Europa“ zu einem Atomenergieausstieg auf, „um das Schlimmste zu verhindern“.

Die Wiener Plattform Atomkraftfrei demonstrierte am Vortag des Fukushima-Jahrestages vor dem Außenministerium für einen europaweiten Atomausstieg. „Gedenken allein ist nicht genug! Gemeinsames europäisches Handeln tut not!“, hieß es in einem Schreiben der Aktivisten an Kurz, Gewessler sowie EU-Ministerin Karoline Edtstadler und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP). So müsse die Regierung mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern, dass der dritte Reaktor im slowakischen Mochovce ans Netz gehe und auch der Euratom-Vertrag verändert werde. Den Demonstranten vor dem Außenministerium leisteten auch Gewessler und die Grüne Klubobfrau Sigi Maurer Gesellschaft.

Auch der Kärntner FPÖ-Landesparteiobmann Gernot Darmann erneuerte am Mittwoch seine Forderung nach einer sofortigen Schließung des „Hochrisiko-Atomkraftwerkes“ Krsko, statt einer Laufzeitverlängerung bis 2043. „Das völlig veraltete AKW Krško liegt in einem Erdbebengebiet und ist daher eine tickende Zeitbombe!“, betonte Darmann in einer Aussendung. Anlässlich des 10. Jahrestages von Fukushima erklärte auch SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr: „Es gibt keine sichere Atomkraft.“ Herr forderte angesichts der Pläne zur Betriebsverlängerung im AKW Krsko und der Erweiterung im tschechischen AKW Dukovany: „Die Regierung muss sich energisch auf bilateraler und europäischer Ebene für die Stilllegung einsetzen!“

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APA

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