Hans-Peter Hutter fragt „Sind wir noch zu retten?“

15. März 2021, Wien

Pestizide, Luftverschmutzung, Plastik, Lärm und zum Drüberstreuen die Klimakrise – auch abseits von Corona lässt es sich dieser Tage vortrefflich Sorgenfalten kultivieren. Der umtriebige Umweltmediziner Hans-Peter Hutter geht diesem Panoptikum des Bedrückenden in Kooperation mit der Journalistin Judith Langasch in Buchform nach. Auch im Bemühen um Positivität und aufgelockerte Erzählweise bleibt der Plot von „Sind wir noch zu retten?“ eine Art Anleitung zum Nachdenklichsein.

Wer sich gerne darin ergeht, leicht bis ausgewachsen zerknirscht in die Zukunft zu blicken, brauchte sich im vergangenen Pandemiejahr fürwahr nicht um Besorgnisnachschub zu sorgen. Das ist auch Hutter und Langasch nur allzu bewusst, wie die beiden im Vorwort der Neuerscheinung offensiv ansprechen. Trotzdem schlafen natürlich Klima- oder Plastikkrise keineswegs. Die Coronazeit zeichne sich leider auch dadurch aus, dass sie einen weiteren Zeitverlust mit sich bringe, wenn es darum geht, Lösungen dafür zu finden. Trotzdem soll dies „kein ’schweres‘ Buch sein“, schreiben sie.

Einhalten lässt sich das den Themen entsprechend nicht annähernd durchgehend. Der Ansatz, die Journalistin mit einer quasi alltäglichen Situation oder Erfahrung in ein Gespräch mit dem bekannten Umweltmediziner eintreten zu lassen, ist nachvollziehbar. Das dann folgende Kapitel in Form eines „Gesprächs“ hat es logischerweise vielfach trotzdem in sich. Hutter zeigt sich bemüht, den aktuellen Stand der sich schnell ändernden Datenlage knapp und nachvollziehbar darzulegen. Langasch, beim ORF-Servicemagazin „konkret“ tätig, stellt viele betont alltäglich-bodenständige Fragen. Letztlich versprüht dementsprechend auch das Buch stellenweise den nicht jedermann zugänglichen Charme einer Verbraucherinformationssendung, wenn es etwa um die Umweltgefahren in Wohnräumen und deren etwaige Sanierung geht.

Je nach individuellem Informationsstand wechselt sich hier Neues und vielleicht schon Bekanntes munter ab. Wer also etwa seine vielleicht abgestumpften Sinne hinsichtlich Spritzmitteln, Plastikrückständen oder Schwermetallen in Nahrungsmitteln schärfen möchte, wird im ersten Teil des Buches reichlich bedient. Die Gedanken zur Klimakrise gibt es zum Schluss – wohl bekomm’s.

Sehr bemüht um optimistische Wendungen zeigt sich Hutter spätestens bei den Tipps zum persönlichen Umgang mit den Problemfeldern und bei der abschließenden, provokanten Gretchenfrage der einzelnen Buchteile „Sind wir noch zu retten?“. Mit einem klaren „Ja, aber…“ zieht sich der Forscher meistens recht sauber aus der Affäre.

Teils entwaffnend ehrlich gibt sich Hutter bei vielen oft von Laien gestellten Fragen, auf die auch die Wissenschaft keine eindeutigen Antworten hat. Manches kann der Experte aber auch ins rechte Licht rücken und manch hartnäckige Mythen widerlegen.

Schlussendlich finden sich im Jahr 2021 erstaunlich viele Themen in der gedruckten Auseinandersetzung, die man schon aus den Umwelt- und Gesundheitsdebatten der 1980er- und 1990er-Jahre gut kennt. Am Ende bleibt die beunruhigende Erkenntnis, dass man vielfach zwar jetzt mehr weiß, die richtigen Konsequenzen auf der persönlichen und gesellschaftspolitischen Ebene hingegen nur selten umgesetzt wurden. Plattitüde hin oder her – eines ist am Ende des Buches jedenfalls klar: Die Rettung fällt nicht vom Himmel.

Service: Hans-Peter Hutter/Judith Langasch: „Sind wir noch zu retten? Plastik, Feinstaub & Co. – was wir über Umwelteinflüsse und ihre Gesundheitsrisiken wissen sollten“, Orac Verlag, 216 Seiten, 24 Euro, ISBN: 978-3-7015-0632-3

APA

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 - Bremen, APA/dpa