Die Erneuerbaren-Branche hat den Bundesländern erneut Säumigkeit in Sachen Klimaschutz und Ökoenergieausbau vorgeworfen. Bei Stromaufbringung, Energieeffizienz und Treibhausgas-Emissionen gebe es einen „sehr deutlichen Aufholbedarf“, monierte der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) am Dienstag. Es seien dringend Maßnahmen zu setzen, falls Österreich bis 2030 seinen Stromverbrauch übers Jahr gesehen komplett erneuerbar decken und bis 2040 klimaneutral sein wolle.
Um die Klimaziele zu erreichen, bedarf es einer intensiven Kooperation von Bund und Ländern, erklärte die Österreichische Energieagentur bei einem gemeinsamen Presseauftritt. Die Trends bei den Emissionen zeigten in die richtige Richtung, müssten aber deutlich verstärkt werden, sagte Günter Pauritsch von der Energieagentur, die im Auftrag der Erneuerbaren-Verbände eine Analyse der Klima- und Energiestrategien der Bundesländer durchgeführt hat.
„Die realisierbaren Potenziale für Wasser, Wind, Sonne und Biomasse sind in den Ländern vorhanden, um bis 2030 über das Jahr gerechnet 100 Prozent umweltverträgliche erneuerbare Stromaufbringung in Österreich zu erreichen“, so Pauritsch.
Bei den Emissionen wurden laut Energieagentur bis 2020 nur zwei Drittel des angestrebten Ziels (von -16 Prozent) und weniger als ein Drittel der derzeitigen Ziele bis 2030 (-36 Prozent gegenüber 2005) erreicht. Die EU habe diese Ziele für 2030 auf 55 Prozent angehoben, dementsprechend müssten auch die Ziele und Maßnahmen in Österreich angepasst werden, so Pauritsch. Die heimischen TGH-Emissionen lagen in den letzten Jahren jedoch sogar rund 4 Prozent über dem Niveau von 1990, je nach Bundesland sehr unterschiedlich. Der Handlungsspielraum liegt dem Experten zufolge vor allem in den Bereichen, die nicht dem Emissionshandelssystem unterliegen. Nicht positiv seien die Zahlen beim Verkehr, besser im Gebäudebereich. „Beim Verkehr besteht der größte Handlungsbedarf“, so Pauritsch, etwa durch eine schnelle Elektrifizierung des Pkw-Verkehrs.
Am stärksten gestiegen sind die Treibhausgas-Emissionen im Burgenland (19 Prozent), knapp vor Tirol (18 Prozent). Nur in Niederösterreich sind sie um ein Prozent gesunken. Absolut gesehen sind die Treibhausgasemissionen in Ober- und Niederösterreich mit Abstand am höchsten. Die Haupt-Emissionsverursacher waren im Jahr 2017 die Industrie (32 Prozent) und der Verkehr (29 Prozent), gefolgt vom Energiesektor (13 Prozent).
In ganz Österreich ist der End-Energieverbrauch (EEV) seit 1990 um 48 Prozent gestiegen. Der negative Spitzenreiter des Verbrauchszuwachses war dabei Niederösterreich sowohl was den Verbrauchszuwachs anbelangt (+61 Prozent), aber auch beim Pro-Kopf-Energieverbrauch. Hier sind Kärnten und Steiermark etwa gleich auf (42 bis 44 MWh pro Person). NÖ hat mit 70 TWh auch den höchsten EEV (23 Prozent) aller Bundesländer, ergab die Analyse der Energieagentur. Am wenigsten angestiegen ist dieser in Vorarlberg (+34 Prozent). Den geringsten Energieverbrauch pro Person hat mit 20 MWh Wien. Die letzten 15 Jahre in den Fokus genommen, konnte allein in Wien und Salzburg eine Trendumkehr erreicht werden. Der Anteil fossiler Energie beträgt in Summe immer noch 67 Prozent.
Der Anteil erneuerbarer Energie am Energieverbrauch stieg in Österreich von 2005 bis 2018 von 24 auf 33 Prozent. Obwohl NÖ und OÖ absolut die größten Mengen an erneuerbarer Energie produzieren, liegen beide prozentuell nur im Mittelfeld. Am höchsten ist der Erneuerbaren-Anteil mit 55 Prozent in Kärnten, gefolgt von Burgenland und Salzburg (je 48 Prozent). Am wenigsten sind es in Wien (9 Prozent.
Die Wasserkraft hat in allen Ländern außer Wien und Burgenland den größten Anteil an der Stromaufbringung (zwischen 33 Prozent in der Steiermark und 98 Prozent in Tirol). Nur im Burgenland wird der Großteil des Stroms durch Windkraft erzeugt (rechnerisch 113 Prozent) – in NÖ zu 26 Prozent. Wien bringt den Strom primär durch fossile Energieträger bzw. Importe (86 Prozent) auf. Strom aus fester Biomasse wird v. a. in Kärnten und im Burgenland produziert (13 Prozent). Die Stromerzeugung aus Photovoltaik macht im Burgenland, in der Steiermark und in Vorarlberg jeweils 3 Prozent der Stromaufbringung aus.
Eine gute Nachricht ergibt laut Energieagentur die Analyse der Ausbaupotenziale für erneuerbaren Strom in den Bundesländern. Die Wasserkraftpotenziale sind in Österreich zwar bereits stark genützt, die noch verbleibenden Potenziale betragen etwa 15 TWh, wovon freilich ein Teil nicht realisierbar ist. In manchen Bundesländern gibt es noch hohe Windkraft-Potenziale, österreichweit handelt es sich um realisierbare Potenziale bis 2030 von 15 TWh. Letzteres gilt auch für den Ausbau von Photovoltaik auf Dach-, Deponie- und Verkehrsflächen mit 5,4 TWh in ganz Österreich, wobei hier das realisierbare Potenzial bis 2030 für PV auf Gebäuden durch geeignete Rahmenbedingungen noch erhöht werden kann.
APA