Nord Stream 2: Start im Sommer?

16. April 2021, Moskau
Zukunft der Pipeline ist weiter offen
 - Mukran, APA/AFP

Der russische Energiepolitiker Pawel Sawalny erwartet den ersten Gastransport durch die umstrittene Ostseepipeline Nord Stream 2 nach Deutschland noch bis Ende des Sommers. Die Bauarbeiten und die Verlegung der Rohre der fast fertigen Gasleitung sollten bis dahin abgeschlossen sein, sagte Sawalny in Moskau der Staatsagentur Tass zufolge. US-Präsident Joe Biden wiederum hat sich erneut gegen die Pipeline ausgesprochen.

Sawlny meinte in einer Videokonferenz mit Bundestagsabgeordneten weiter: „Und bis zum Sommer gibt es die Hoffnung, dass Deutschland durch diese Gasleitung das erste Gas erhalten kann.“ Die Staatsduma informierte auf ihrer Internetseite über das Online-Treffen des Vorsitzenden des Energieausschusses im russischen Parlament. Demnach handelte es sich um eine Sitzung der deutsch-russischen Parlamentariergruppe unter dem Vorsitz des AfD-Abgeordneten Robby Schlund.

Mit ihrer umstrittenen Sanktionspolitik wollen die USA die Inbetriebnahme der Pipeline noch stoppen, weil sie eine zu hohe Abhängigkeit Europas von russischem Gas befürchten. Außerdem wollen sie verhindern, dass Russland auf diese Weise die Ukraine komplett als bisher wichtigstes Transitland für die Gaslieferungen nach Westeuropa umgeht. Die Ukraine ist auf die Durchleitungsgebühren in Milliardenhöhe angewiesen.

Zugleich kritisierte Sawalny, dass versucht werde, durch die Präsenz westlicher Kriegsschiffe in der Nähe des russischen Verlegeschiffes „Fortuna“ die Fertigstellung der Leitung zu verzögern. Auch die Nord Stream 2 AG hatte nach Angaben von Tass Anfang April in der Gegend eine erhöhte Aktivität von Schiffen in der Region beanstandet. Diese Handlungen hätten einen „provokativen Charakter“ und könnten zu einer Beschädigung der Leitung führen, hieß es.

Die Gasleitung ist nach Angaben von Nord Stream 2 zu 95 Prozent fertig. Insgesamt ist der Doppelstrang zwischen Russland und Deutschland 1.200 Kilometer lang. Neben den USA und der Ukraine ist etwa auch das EU-Mitglied Polen gegen die Leitung, damit Russland nicht seine „aggressive Politik“ mit dem Geld europäischer Kunden finanziere. Die Befürworter hingegen setzen auf eine höhere Energiesicherheit. Zu den Finanzpartnern gehört die österreichische OMV.

Biden: „Nord Stream 2 ist ein kompliziertes Thema“

US-Präsident Joe Biden hat sich dagegen erneut gegen Nord Stream 2 ausgesprochen. „Ich bin seit langem gegen Nord Stream 2“, sagte Biden. Auf die Frage, warum das Projekt nicht von den jüngsten US-Sanktionen gegen Russland betroffen ist, entgegnete der Demokrat: „Nord Stream 2 ist ein kompliziertes Thema, das unsere Verbündeten in Europa betrifft.“

Das Thema sei aber weiter auf dem Tisch. Besonders die Republikaner im Kongress drängen Biden dazu, weitere Sanktionen gegen Nord Stream 2 zu verhängen, um die Fertigstellung der Ostsee-Pipeline noch zu verhindern.

Die Nachrichtenseite „Politico“ berichtete, das US-Justizministerium habe im vergangenen Monat grünes Licht für Sanktionen gegen die Nord Stream 2 AG gegeben. Nach regierungsinternen Diskussionen sei das aber revidiert worden. Ein hochrangiger Regierungsvertreter sagte nach Angaben von „Politico“, man befinde sich in einer schwierigen Lage. Einerseits wolle man die unter Bidens Vorgänger Donald Trump beschädigten Beziehungen zu Deutschland kitten. Andererseits gebe es Druck aus dem Kongress, Sanktionen zu verhängen.

APA/ag