Der neue Chef des Stromkonzerns E.ON, Leonhard Birnbaum, hat Versäumnisse bei der Digitalisierung der Energieversorgung in Deutschland kritisiert. Die staatliche Regulierung sei wenig innovationsfreudig und in Teilen nicht wettbewerbsfähig, sagte Birnbaum am Mittwoch bei der Online-Hauptversammlung des Dax-Konzerns. Ein schlimmes Beispiel dafür sei „der jämmerliche Roll-out der Smart Meter“.
Der Einsatz intelligenter Messgeräte, die mit dem Internet verbunden sind und Stromnachfrage und Stromerzeugung besser in Einklang bringen sollen, kommt in Deutschland kaum voran. Im März hatte das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht eine Einbaupflicht der Geräte vorläufig gestoppt, weil die am Markt verfügbaren intelligenten Messsysteme nicht den gesetzlichen Anforderungen genügten. Die Einbaupflicht gilt für die Messstellenbetreiber zunächst nur ab einem Stromverbrauch von 6.000 Kilowattstunden im Jahr. Die meisten Privathaushalte verbrauchen deutlich weniger Strom.
Birnbaum kritisierte das Genehmigungsverfahren für Smart Meter, bei dem jedes Update des Betriebssystems eine eichrechtliche Genehmigung benötige. „Wenn solche Anforderungen für Ihr Smartphone gelten würden, wäre die Software quasi immer veraltet. Und bei Smart Metern ist das nicht anders“, sagte der E.ON-Chef. Die Energiewelt von morgen könne aber nicht „mit den Methoden von gestern“ gesteuert werden.
E.ON hat nach Birnbaums Angaben bisher in Deutschland rund 30.000 Smart Meter eingebaut. Insgesamt versorgt E.ON in Deutschland 11,7 Millionen Kunden mit Strom. Viele andere Länder hätten bereits vollständig auf intelligente Zähler umgestellt. In Schweden installiere E.ON pro Monat mehr Smart Meter als der Konzern in Deutschland im Einsatz habe. Deutschland müsse Bürokratie abbauen, um bei der Digitalisierung schneller zu werden.
Birnbaum hatte Anfang April den langjährigen Vorstandsvorsitzenden Johannes Teyssen abgelöst.
APA/dpa