Das Ölkartell OPEC und seine Partnerländer haben sich vorerst nicht auf eine Strategie zur Ausweitung der Fördermengen einigen können. Die Online-Verhandlungen der sogenannten OPEC+ werden deshalb am Freitagnachmittag fortgesetzt, wie das OPEC-Sekretariat in Wien nach dem ersten Tag der Gespräche am Donnerstagabend bekanntgab.
Die von Saudi-Arabien dominierte OPEC und die von Russland angeführten Kooperationspartner diskutieren nach Angaben der russischen Staatsagentur TASS darüber, ihre Tagesfördermenge zwischen August und Dezember monatlich um 400 000 Barrel auszuweiten. Das liegt etwas unter der Erwartung von Analysten, die von 500 000 Barrel oder mehr ausgegangen waren. Laut verschiedenen Medien wird noch darüber gestritten, von welcher Berechnungsgrundlage aus die Erhöhung stattfinden soll.
Zuvor hatte der OPEC-Vorsitzende und angolanische Ölminister Diamantino Azevedo gewarnt, trotz guter wirtschaftlicher Aussichten bestünden weiterhin Gefahren für die Erholung der Ölnachfrage. Dazu gehörten ansteckendere Coronavirus-Varianten und steigende Infektionszahlen in Russland und Afrika. Zudem könnten riesige Corona-Wirtschaftshilfen zu hohen Staatsschulden und Inflation führen, was wiederum dem Ölmarkt schaden würde. Es gelte, einen Angebotsüberschuss zu verhindern. „Wir haben in dieser Pandemie schon viele falsche Hoffnungsschimmer erlebt“, sagte Azevedo.
OPEC+ hatte im Vorjahr die Tagesproduktion um rund 9,7 Millionen Barrel gekürzt. Der Schritt stützte die Preise, die wegen der Corona-Pandemie und des damit verbundenen Wirtschaftsabschwungs ins Trudeln geraten waren. Inzwischen hat Opec+ zwar wieder mehr Öl gepumpt, doch nach Schätzung von Experten der Commerzbank wird die Produktion Anfang August noch immer rund 5,5 Millionen Barrel unter dem Vorkrisen-Niveau liegen.
Mit den am Donnerstag diskutierten Steigerungen wären es bis Jahresende noch deutlich weniger als vor der drastischen Kürzung im Vorjahr. Allerdings gehen selbst die Analysten im OPEC-Sekretariat davon aus, dass die Ölnachfrage in vierten Quartal schon wieder fast an das Niveau vor Ausbruch der Pandemie herankommen wird.
Laut Analysten halten sich die nicht in der OPEC+ vertretenen Schieferöl-Produzenten in Nordamerika derzeit bei der Ausweitung ihrer Förderung zurück. OPEC+ hingegen „hat fast alle Karten in der Hand und kann über den Preis verfügen“, sagte Commerzbank-Analyst Eugen Weinberg der Deutschen Presse-Agentur. Rohöl wird derzeit auf dem höchsten Niveau seit zwei Jahren gehandelt. Der Preis für die Nordseesorte Brent stieg am Donnerstag um mehr als einen Dollar auf 75,88 Dollar pro Barrel, während die US-Sorte West Texas Intermediate um rund 1,70 Dollar zulegte und 75,17 Dollar erreichte.
APA/dpa