Attac: Reform des Energiecharta-Vertrags droht zu scheitern

6. Juli 2021, Wien

Die globalisierungskritische Nichtregierungsorganisation Attac hat am Dienstag davor gewarnt, dass eine geplante Reform des Energiecharta-Vertrags (ECT) in Richtung eines klimafreundlicheren Abkommens scheitern könnte. Die EU will den Vertrag anpassen um ihn mit dem Green Deal der Union kompatibel zu machen, viele andere der über 50 beteiligten Staaten lehnen das ab. Attac fordert gemeinsam mit über 400 anderen NGOs den kompletten Ausstieg der EU-Staaten aus der Charta.

Laut Attac sind aktuell 53 Staaten Teil des ECT, der bereits in den 1990er-Jahren unterschrieben wurde. Der Vertrag ist aus Sicht der NGO problematisch, da er ausländischen Investoren im Energiesektor ermöglicht, internationale Schiedsgerichte (ISDS) zur Durchsetzung ihrer Ziele zu nützen.

In der Praxis bedeutet das unter anderem, dass ein Ölkonzern ein Land auf Schadenersatz klagen könnte, wenn der dortige Gesetzgeber neue Klimaschutzmaßnahmen beschließt. Zuletzt geschehen ist das im Februar, als RWE die Niederlande wegen des dort geplanten Kohleausstiegs vor einem Schiedsgericht in den USA verklagt hat.

Die EU-Kommission versucht seit geraumer Zeit, eine Reform des Vertrags anzustoßen um diesen an den europäischen Green Deal und die damit verbundenen Klimaziele anzupassen. Sie will daher Investitionen in fossile Energien künftig von dem Vertrag ausschließen.

Mit diesem Vorschlag stehe die Kommission unter den Vertragspartnern aber alleine da. Es gebe keine Unterstützung von anderen Ländern, die Verhandlungsposition der EU sei schwach, heißt es in geleakten Dokumenten, auf die sich Attac in seiner Aussendung beruft.

Innerhalb der EU-Staaten dürften die Positionen ebenfalls gespalten sein. Während Frankreich dafür plädiert, neben den Verhandlungen Pläne für einen Ausstiegsplan der EU aus dem ECT zu schmieden, sprechen sich unter anderem Deutschland und Österreich eher dafür aus, einen Kompromiss zu suchen. Die EU-Kommission selbst spricht sich laut den Dokumenten gegen einen vollständigen Rückzug aus dem Vertrag aus, weist jedoch darauf hin, dass in den Verhandlungen keine schnellen Fortschritte zu erwartet werden könnten.

Attac und über 400 andere NGOs fordern nun in einem gemeinsamen Schreiben den kompletten Ausstieg der EU-Staaten aus dem Vertrag. „Der ECT hält Regierungen davon ab, mutige Entscheidungen zu treffen: Jeder Versuch, die öffentliche Politik oder Subventionen im Energiesektor zu ändern, kann zu Millionen- oder sogar Milliardenforderungen führen, die mit öffentlichen Geldern bezahlt werden“, heißt es in dem Papier. Regierungen müssten die Möglichkeit haben, Maßnahmen zu ergreifen, um ein Land im Hinblick auf den Klimawandel zu transformieren. „Das funktioniert nicht mit der Zwangsjacke ECT.“

„Der sofortige und gemeinsame Ausstieg möglichst vieler EU-Staaten ist die sicherste Möglichkeit, um sich gegen weitere Konzernklagen gegen die Energiewende zu schützen“, so Lena Gerdes von Attac Österreich laut einer Aussendung. Für „sinnlose Verhandlungen“ wäre dagegen keine Zeit.

Die letzten Verhandlungen zum ECT fanden im Juni statt, am heutigen Dienstag sollen diese laut Attac bis Freitag weiter fortgesetzt werden.

APA

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